Ohne fruchtbaren Boden keine Landwirtschaft. Den Boden dort zu behalten wo er ist und seine Fruchtbarkeit zu fördern ist eine langfristige Strategie des Biolandbaus, um die Nahrungsmittelproduktion auch noch für kommende Generationen zu gewährleisten. Dieses Ziel verfolgt auch die Reduktion der Bodenbearbeitungsintensität. Das satte Braun der frisch gepflügten Felder im Frühjahr oder Herbst ist für den Bodenschutz wenig zuträglich. Der Boden ist der Witterung ungeschützt ausgesetzt, Erosion kann ungehindert wirken, der Lebensraum der Bodenorganismen wird stark gestört und Humus abgebaut. Über Jahre hinweg kann der Boden so immer weiter degradieren, wenn nicht anderweitige Massnahmen zum Humusaufbau und Erosionsschutz unternommen werden.
Die reduzierte Bodenbearbeitung bietet eine Möglichkeit, Humus im Oberboden anzureichern und so die Bodenstruktur zu verbessern. Der Boden wird widerstandsfähiger gegenüber Erosion und das Bodenleben wird gefördert. Als reduzierte Bodenbearbeitung bezeichnet man dabei alle Grundbodenbearbeitungen, die weniger intensiv als das konventionelle Pflugverfahren arbeiten. Synonym werden auch die Begriffe Minimalbodenbearbeitung oder konservierende Bodenbearbeitung verwendet. Die Reduktion der Arbeitstiefe gehört ebenso dazu wie die Nutzung von nichtwendenden Maschinen, die den Boden zwar lockern, aber nicht vollständig kehren. Die Kür ist die Direktsaat (Englisch "No-till"), bei der ein Saatschlitz die gesamte Bodenbearbeitung darstellt.
Da sich die klimatischen Verhältnisse in Mitteleuropa stark von den Hauptnutzungsgebieten der pionierhaften No-Till-Systeme unterscheiden, müssen für die hiesigen Verhältnisse neue Strategien und Maschinen entwickelt werden. Seit ungefähr 30 Jahren sind Maschinenbauer und einzelne Visionäre dabei, die Techniken voranzutreiben. Mittlerweile gibt es auf dem Markt verschiedene Modelle für eine konservierende Bodenbearbeitung, die Herausforderungen liegen jedoch in der Anwendung. So ist nicht zuletzt die Erfahrung der Landwirte mit den Verhältnissen vor Ort entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz von reduzierten Bodenbearbeitungssystemen.
Im Biolandbau sind die Herausforderungen, die die pfluglose Bodenbearbeitung mit sich bringt, nochmals verschärft. Das Pflügen wird nicht nur zum Lockern des Bodens eingesetzt. Mit ihm werden auch Unkräuter zu einem grossen Teil reguliert und die Humusmineralisierung im Frühjahr stimuliert. Die angebauten Kulturen profitieren in der Wachstumsperiode von dem durchs Pflügen freigesetzten Stickstoff und dem geringen Unkrautdruck. Fällt dies aufgrund einer Minimalbodenbearbeitung weg, kann eine Zunahme der Beikräuter Erträge reduzieren und langfristig Probleme schaffen. Um dies zu verhindern, ist die Umstellung des gesamten Systems notwendig: Fruchtfolge, Düngung und mechanische Beikrautregulierung gewinnen an Wichtigkeit
Die Auswirkungen der konservierenden Bodenbearbeitung werden am FiBL durch langjährige Exaktversuche und in Zusammenarbeit mit Landwirten in Streifenversuchen beobachtet. Dafür wurden an zwei verschiedenen Standorten Langzeitversuche etabliert, in die verschiedene Forschungsprojekte eingebunden sind.
Der Versuch in Frick wurde im Herbst 2002 als Streifen-Spaltanlage mit den Faktoren Bodenbearbeitung (reduziert vs. Pflug), Düngung (Mistkompost/Gülle vs. Vollgülle) und biodynamische Präparate (mit vs. ohne) nach Biorichtlinien angelegt. Der Boden ist eine stark tonhaltige (45-55%) Braunerde. Zusammen mit etwa 1000 mm Niederschlag und einer mittleren Jahrestemperatur von rund 10°C ist dies ein viehbetonter Standort mit hohem Zwischenfutteranteil. Die fünfgliedrige Fruchtfolge umfasst daher Winterweizen – Silomais/Sonnenblumen – Dinkel – Kleegras – Kleegras.
Der Versuch in Aesch wurde 2010 als Block-Spaltanlage mit den Faktoren Bodenbearbeitung (reduziert vs. Pflug) und Düngung (Gülle und Mineraldünger in zwei Düngungsstufen, ungedüngte Kontrolle) angelegt. Der günstige Standort auf Löss (Parabraunerde) mit einem Jahresniederschlag von 977 mm und einer Jahresdurchschnittstemperatur von 10.5°C erlaubt gute Ernten in der Fruchtfolge Silomais – Leguminose (Ackerbohne, Erbsenmischkultur) – Winterweizen – Kleegras.
Die nachfolgenden Erkenntnisse stammen aus der FiBL Forschung und Beratung und aus Versuchen anderer Institutionen, die sich ebenfalls mit der reduzierten Bodenbearbeitung unter Biobedingungen befassen.
In Abhängigkeit von der Bodenart schreitet die Humusanreicherung im Oberboden generell langsamer (Sandböden) oder schneller (Tonböden) voran. Mit dem Humus nimmt auch die Anzahl von Mikroorgansimen zu. Pilze profitieren von der erhöhten Bodenruhe in reduzierten Bodenbearbeitungssystemen und tragen vermehrt zum Humusumsatz bei. Auch der Artenreichtum der Pilze, zum Beispiel bei den wichtigen Mykorrhizapilzen, nimmt zu. In reduzierten Systemen wurden darüber hinaus deutlich mehr Regenwürmer gefunden, da sie weniger geschädigt werden und mehr Nahrung vorfinden. Auch die Bodenstruktur verbessert sich, erhöht die Wasserinfiltration und versorgt Pflanzen besser bei Trockenheit. Die Bodenfruchtbarkeit steigt also bei der langfristigen Umstellung vom Pflug auf eine reduzierte Bodenbearbeitung. Das Ziel eines langfristigen Bodenschutzes wird somit erreicht.
Was agronomische Aspekte angeht, wachsen die Erfahrungen. Man ist aber noch längst nicht am Ziel. Die Erträge im Vergleich zum Pflug fielen in den FiBLVersuchen den vergangenen Jahren im Schnitt um acht Prozent tiefer aus. Die Ursachen variieren. Gründe können zum Beispiel die Zunahme einzelner Unkräuter, insbesondere Gräser, sein oder der Durchwuchs der Vorkultur. In Mulch- und Direktsaaten kann der Boden nicht genügend abtrocknen, wodurch auch die Erwärmung gebremst wird. Dies hemmt die Humusmineralisierung, die im Biolandbau massgeblich zur Pflanzenernährung beiträgt. In den Versuchen konnten teilweise aber auch Mehrerträge verzeichnet werden, die auf das bessere Wachstum während Trockenperioden zurückgeführt wurden. Letzteres ist gerade im Hinblick auf den Klimawandel und die Trockenheit der letzten Jahre ein Vorteil.
Die positiven Auswirkungen der Minimalbodenbearbeitung auf den Boden motivieren daher die FiBL Forscher*innen und FiBL Berater*innen, die agronomischen Herausforderungen weiter anzugehen und innovative Lösungen im Bereich der Beikrautregulierung und Düngung im Bioackerbau voranzutreiben.