In der Biomilchproduktion fallen insbesondere männliche, aber auch weibliche Kälber an, die nicht für die Zucht verwendet werden. Meistens werden diese über den Handel in die konventionelle Kälber- oder Grossviehmast verkauft. Der Verkauf findet mitten im Immunitätsloch im Alter von rund vier Wochen statt. Der Immunitätsschutz der Muttermilch hat abgenommen und die Abwehrstoffe gegen die Keime des neuen Betriebes konnten noch nicht aufgebaut werden. Zudem bedeuten Transport und Betriebswechsel für die Kälber Stress. Diese Faktoren machen den Einsatz von Antibiotika bei der Einstallung auf dem Mast-Betrieb notwendig.
Das Weidemastprojekt basiert auf den bewährten Biostandards, geht aber noch einen Schritt weiter: Im Rahmen von ABWR dürfen auch männliche Milchrassekälber auf dem Geburtsbetrieb aufwachsen. Die Jungtiere bleiben zwingend die erste Zeit - mindestens 150 Tage - auf dem Geburtsbetrieb. Somit entfallen Transporte sowie das Umstallen der Kälbern im Immunitätsloch, was den Antibiotikaeinsatz auf ein Minimum reduziert.
Nach zweijähriger Initiierungsphase erste Artikel im Verkauf
Das Projekt wurde bereits 2018 ins Leben gerufen. Nach knapp zweijähriger Aufbauphase sind ab sofort eine Reihe von Rindfleischartikeln unter dem Label "Aldi Bio Weide Rind" im Verkauf erhältlich. "Mit dem Kauf dieses Produktes erhält die Kundschaft nicht nur ein qualitativ hochwertiges Fleischprodukt, sondern unterstützt gleichzeitig das damit verbundene schweizweit einzigartige Projekt, das wir gemeinsam mit dem FiBL entwickelt haben", freut sich Thomas Eberle, Buying Director bei Aldi Suisse. Mitinitiator und FiBL-Berater Eric Meili betont die grosse Herausforderung im Biolandbau und ergänzt stolz: "Das Projekt liegt mir in meiner Tätigkeit als Bioberater für das FiBL sehr am Herzen. Gemeinsam nehmen wir unsere Verantwortung gegenüber den männlichen Milchrassekälbern wahr", so der studierte Landwirt.
Das Wichtigste in Kürze:
Die Basis für das Projekt ABWR bilden die bewährten Biostandards. Darüber hinaus zeichnen folgende Fakten das Projekt aus:
- Kälber dürfen auf dem Geburtsbetrieb aufwachsen, wo sie mindestens 150 Tage bleiben und abgetränkt werden.
- Stärkung und Aufbau des eigenen Immunsystems: Der Antibiotika-Einsatz kann so auf ein Minimum reduziert werden.
- Männliche Milchrassekälber dürfen auf Biobauernhöfen leben.
- Futter erfolgt ausschliesslich von Wiesen. Sojafütterung ist verboten.
- Einsatz spezieller "Flatskin"-Verpackung bei einigen Produkten, dadurch Plastikreduktion von 70 Prozent.
- "Nose-To-Tail"-Ansatz: Das gesamte Tier wird verwertet.
Weitere teilnehmende Betriebe gesucht
Bisher haben sich rund 70 Betriebe für das Projekt angemeldet. Dies ist jedoch noch nicht ausreichend, um alle Filialen mit dem Bio-Rindfleischsortiment "Aldi Bio Weide Rind" zu versorgen. Deshalb werden weitere teilnehmende Geburts- und Mastbetriebe gesucht. Interessierte Landwirtschaftsbetriebe werden gebeten, mit dem FiBL für weitere Informationen in Kontakt zu treten.