Das Artensterben im Kulturland soll gestoppt werden und dabei soll der ökologische Ausgleich mehr Wirkung zeigen. Dazu sind Kenntnisse der naturräumlichen Wechselwirkungen und Methoden zur gezielten Verbesserung der Massnahmen zum Nutzen der Natur und der Bewirschafter/innen nötig.
Es gibt klare Anzeichen, dass agrarpolitisch in der Schweiz zukünftig vermehrt Massnahmen, die die Arten- und Lebensraumvielfalt fördern, an Bedeutung gewinnen und folglich auch stärker finanziell gefördert werden. Dabei spielt die Qualität und Vernetzung der Flächen eine wichtige Rolle. Qualitativ wertvolle Ökoflächen, in der auch anspruchsvolle und gefährdete Arten überleben können, sind gefragt.
Eine nachhaltige Landwirtschaft ist multifunktionell und produziert somit nicht nur Lebensmittel sondern erbringt auch wertvolle Dienstleistungen z.B. in der Pflege vielfältiger Kulturlandschaften im Tal- und Berggebiet oder bei der Bindung des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre im Bodenhumus.
Leitarten sind standorttypische Tier und Pflanzenarten im Kulturland. Ihr Vorkommen zeigt qualitativ hochwertige und damit artenreiche Lebensräume an. Leitarten sind attraktiv und leicht erkennbar, sie stehen stellvertretend für viele andere Arten. Wer Massnahmen für Leitarten ergreift, hilft auch vielen anderen Tier- und Pflanzenarten in diesem Lebensraum.
Fachleute der Vogelwarte und des FiBL haben ein entsprechendes Werkzeug für die Fauna der Kulturlandschaft entwickelt. Sie bestimmten 115 geeignete Tierarten, die als Leitarten die Lebensraumvielfalt im schweizerischen Landwirtschaftsgebiet repräsentieren. Mittels des Auswahlwerkzeugs zur Auswahl potenzieller Leitarten (Schweiz) kann die Auswahl von geeigneten Leitarten auf Gemeindeebene rasch vorgenommen werden. Damit kann ein auf den einzelnen Betrieb abgestimmtes, schlankeres Set von Leitarten ausgewählt werden. So erhalten Bewirtschaftende wichtige Grundlage, um ihre Leistungen gezielt auf das ökologische Potential ihres Hofes auszurichten.
Für jede Leitart wurde zudem eine Steckbriefkarte erarbeitet. Dort findet man einerseits Angaben zu Verhalten, Nahrung, Lebensraum und Vorkommen und andererseits eine Liste von artspezifischen Fördermassnahmen. Diese Leitartenkarten eignen sich für den Einsatz in der naturschutzfachlichen Beratung und Ausbildung. Sie sind auch auf der Website der Vogelwarte abrufbar und dürfen für nicht-kommerzielle Zwecke frei ausgedruckt und kopiert werden. Die 115 Steckbriefkarten sind in einem feldtauglichen Format, attraktiv gestaltet und bebildert. Die Informationen werden in kompakter Form dargeboten und sind in einer allgemein verständlichen Sprache verfasst. Es ist auch möglich, das ganze Karten-Set in Druckqualität zu bestellen.
Der Einsatz von Leitarten ermöglicht einen effizienten, wirkungsvollen udn ökologischen Ausgleich, der sich auf den betrieblichen Voraussetzungen abstützt. In der Folge können Massnahmen sei es spezifische Bewirtschaftungsmassnahmen (Schnittzeitpunkt von Wiesen, Zeitfenster für Striegeleinsatz) oder das Anlegen von ökologisch wertvollen Flächen auf die Ansprüche dieser Leitarten ausgerichtet werden.
Der Bioanbau kombiniert mit einem hochwertigen ökologischen Ausgleich erbringt herausragende Leistungen für die wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Bioanbau ohne wertvolle naturnahe Flächen genügt nicht, denn viele Tierarten sind für die Überwinterung auf ungenutzte oder naturnahe Lebensräumen angewiesen. Nicht nur bei den Lebensmitteln sondern auch bei der Artenvielfalt ist die Qualität der Flächen und der Bewirtschaftung entscheidend. Das heisst Flächen mit hoher Pflanzen- und Strukturvielfalt und fauna- und bodenschonende Bewirtschaftung beeinflussen entscheidend den Erfolg.
Neben dem Angebot an qualitativ wertvollen Ökoflächen beeinflusst die Intensität der Bewirtschaftung die Artenvielfalt entscheidend. Extensive Bewirtschaftung wie der biologische Landbau fördert nachweislich die bedrohte Ackerbegleitflora in Äckern und die Vielfalt an Gliedertieren (z.B. Laufkäfer, Spinnen, Tagfalter) aber auch andere Tierarten wie Fledermäuse, Kulturlandvögel.
Neben der Vernetzung wertvoller Flächen braucht es "Quellen der Biodiversität", damit sich entsprechend Populationen aufbauen können. Untersuchungen zeigen, dass mit zunehmender Entfernung von Feuchtwiesen, Waldrändern und Trockenrasen die Gliedertiervielfalt im Kulturland abnimmt. In regionalen Vernetzungsprojekten werden betriebsübergreifend Massnahmen in der Landschaft realisiert.
Für den Artenschutz werden die Massnahmen allein in der Landwirtschaft nicht ausreichen, um seltene oder bedrohte Arten zu stabilisieren. Vielmehr braucht es dazu gemeinsame und koordinierte Anstrengungen von Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Naturschutz.