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Wie Klimapolitik nachhaltige Landwirtschaft in Entwicklungsländern fördern könnte

Klimapolitik führt, weltweit betrachtet, nicht a priori zu nachhaltigen Landbausystemen. Diese Erkenntnis ist Gegenstand eines FiBL-Workshops an der diesjährigen BioFach in Nürnberg. In Entwicklungsländern können Regelmechanismen zur Senkung der Treibhausgase den Biolandbau voranbringen, wenn sie mit Fingerspitzengefühl angewendet werden.

Sollen im Winter auf der Nordhalbkugel biologisch erzeugte frische Gemüse, Früchte und Gewürze aus Afrika auf den Tisch kommen, die mit dem Jumbo eingeflogen wurden? Alle klimabesorgten vernünftigen Leute schütteln bei diesem Gedanken den Kopf. Tatsächlich diskutieren Labelorganisationen und Zertifizierer in ganz Europa, Lufttransporte für Bioprodukte auszuschliessen, wie das z.B. die Bio Suisse schon lange macht. Und lösten damit eine Kontroverse aus.

Das bei der UNO in Genf domizilierte Internationale Handelszentrum (ITC) untersuchte zusammen mit dem Dänischen Institut für Internationale Studien (DIIS), welche Folge diese Maßnahme für die Produzierenden im Süden hat. Allein in Afrika, so der Schluss der Studie, sind dadurch die Einkommen von 21.500 Familien bedroht, von Bauern, die 50-mal weniger klimaschädigende Gase produzieren als ihre europäischen Kollegen. Die unerwarteten Zusammenhänge erläutern Simon Bolwig vom DIIS und Alexander Kasterine vom ITC.

Diese Daten zeigen, dass man besonders im Süden sehr genau hinschauen muss, um wirklich nachhaltige ökologische Lösungen zu finden. Die Förderung kleinbäuerlicher Initiativen, die den Boden biologisch bebauen und Natur und Gewässer schonen, ist ein wichtiges Ziel, welches in der Klimadebatte nicht vergessen werden darf.

Die Biobauern pflegen weltweit eine große Anzahl von Tieren und Pflanzen, sowohl in Kultur- als auch in Wildformen, betont Johannes Kotschi vom Verein zur Förderung der standortgerechten Landnutzung in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa (Agrecol). Biobauern bauen noch alte Landsorten an, die in ihrem Erbgut Fähigkeiten haben, welche die Lebensmittelproduktion unter den Vorzeichen des Klimawandels und den damit verbunden Veränderungen in der Zukunft sehr gut brauchen kann.

Wie sich das Klima in den kommenden Jahrzehnten verändern wird, können wir nicht voraussagen. Sicher aber ist es, dass sich die biologische Landwirtschaft mit ihrer genetischen und betrieblichen Vielfalt viel besser anpassen können wird als großflächige konventionelle Betriebe mit Monokulturen.

Die Landwirtschaft sei einer der fünf Sektoren, die gemäß dem Bericht des Weltklimarats (IPCC) zur Senkung der Klimagas-Emissionen beitragen müssen, erklärt Othmar Schwank von INFRAS in Zürich. Der Biolandbau hat ausgezeichnete Lösungen parat: Er stößt weniger CO2 aus, weil er keinen Kunstdünger einsetzt und bindet über den Humusaufbau zudem mehr CO2 zurück.

Im internationalen CO2-Zertifikate-Handel gibt es jedoch bisher keine Programme, die nachhaltig wirtschaftende Bauernbetriebe fördern. Dabei hätte ganz besonders die Landwirtschaft des Südens ein sehr hohes klimarelevantes Potenzial – zusammen mit anderen Bewirtschaftungsmaßnahmen wie etwa Agroforstwirtschaft. Darum sind vordringliche Ziele der Entwicklungszusammenarbeit, die nachhaltige Lebensmittelproduktion zu fördern und die Abholzung zu stoppen.

Wie der Fokus der Entwicklungszusammenarbeit auf nachhaltigen klimaverträglichen Anbau gelegt werden kann, stellt FiBL-Mitarbeiter Salvador Garibay anhand eines Projektes zur biologischen Kaffeeproduktion in Nicaragua dar. Sowohl den Kleinproduzenten wie auch den Behörden konnte gezeigt werden, dass ein verfeinerter biologischer Anbau mit verbessertem Kompost und Energiemanagement grosse Verbesserungen für Boden, Umwelt und Klima bringt. Mit CO2-Zertifikaten müssten die Leistungen dieser kleinstrukturierten Produktion abgegolten werden.

Die Dringlichkeit solcher Maßnahmen veranschaulicht Manoj Kumar Menon vom International Competence Centre for Organic Agriculture (ICCOA) in Bangalore am Beispiel Indiens. Die konventionelle Landwirtschaft vermochte zwar, die Produktivität massiv zu steigern. Gleichzeitig wurden jedoch die Gewässer massiv mit Dünger belastet, und die Böden sind stark ausgelaugt. Sie enthalten unter tropischen Bedingungen nur noch 0,2 bis 0,3 Prozent organisch gebundenen Kohlenstoff, sind also äußerst humusarm. Die indische Landwirtschaft ist sehr bestrebt, die Humusgehalte wieder auf 1 bis 1,5 Prozent zu erhöhen, was eine riesige CO2-Rückbindung brächte, die Lebensmittelversorgung sicherte und die Böden vor starken Regenfällen während der Monsunzeit schützte. Diese Ziele können durch Biolandbau am besten erreicht werden. Er leitet zudem Einkommen in ländliche Gebiete und wirkt damit dem Exodus der Landbevölkerung in die Städte entgegen.
Weitere Informationen

Kontakt

Urs Niggli, Direktor, FiBL Frick, Tel +41 (0)79 2188030
Salvador Garibay, Fachgruppe Internationale Landwirtschaft, Tel. +41 (0)79 3818417

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