Pierre Hohmann, Leitender Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Pflanzenzüchtung, Department für Nutzpflanzenwissenschaften am FiBL, kommentiert die Studie (Details untenstehend) wie folgt.
"Diese Meta-Analyse beeindruckt vor allem im Ausmaß – also in der Anzahl der berücksichtigten Studien – und der Synthese verschiedener kulturell-geografischer Anbauregionen. Die Zusammenstellung absoluter Ertragssteigerungen bietet eine wichtige zusätzliche Information zur Beurteilung von Mischkultursystemen und zeigt, dass Mischkultur auch unter intensiver Bewirtschaftung deutliche Ertragsteigerungen leisten kann."
"Obwohl wissenschaftlich korrekt beschrieben, birgt die Zusammenfassung der Ergebnisse jedoch das Risiko, von der Gesellschaft missverstanden zu werden. Man könnte zum Beispiel den Eindruck gewinnen, als seien Mais-Mischungen unter intensiver Bewirtschaftung generell die ertragsstärksten Mischkultursysteme. Die Autoren heben jedoch korrekterweise im Haupttext hervor, dass die Effekte der Kulturart (Mais), der Mischkulturstrategie und des Düngemitteleintrags nicht auseinandergehalten werden können. Das hervorgehobene System ist zudem geografisch unausgewogen. Die meisten Studien zu intensiven Mais-Mischungen kommen aus China, wo Mischanbau auch historisch gesehen stärker verankert ist. Der Effekt könnte somit auch mit dort besser entwickelten Mischanbausystemen zu tun haben. In Europa stecken wir ja leider immer noch in den Kinderschuhen, nicht nur was die anbautechnische Optimierung angeht."
"Die Studie bestätigt, was wir auch selbst sehen: bei dem verbesserungsfähigen europäischen Mischanbau generell Ertragssteigerungen zwischen plus 10 bis 30 Prozent. Auch wenn sich noch vieles optimieren lässt, bietet der Mischanbau aus Sicht der Leistungseffizienz bereits jetzt eine überlegene Anbauform. Nun zeigt die aktuelle Studie deutlich, dass dies auch in der konventionellen, intensiven Landwirtschaft der Fall ist."
"Die größten Herausforderungen beim Mischanbau liegen bei der Züchtung und der Ernte beziehungsweise der Verarbeitung des Ernteguts. Bei der Verarbeitung zeigen zum Beispiel die Schweizer Mühlen Lehmann und Rytz eine Vorreiterrolle, indem sie Trennsysteme installieren und somit dem Landwirt die Abnahme garantieren. Dies hat etwa dazu geführt, dass Bioerbsen in der Schweiz fast ausschließlich in Mischkultur produziert werden."
"Die Synchronisation der Abreife der Mischungspartner ist eine weitere Herausforderung, die sich jedoch unter anderem züchterisch sehr gut lösen lässt. Seitens der Züchtung können auch weitere interspezifische Wechselbeziehungen während der Anbauphase optimiert werden, so zum Beispiel die Anpassung konkurrierender Nischenüberlappungen funktioneller Merkmale. Jedoch spielt der Mischanbau bei den grossen Züchtern, mit Ausnahme der KWS AG, die bereits seit 2 Jahren Mais-Bohnenmischungen vermarkten, noch keine grosse Rolle. Neueste Studien - und anderem des EU-Projekts ReMIX, an dem auch ich mitarbeite – haben jedoch gezeigt, dass es zum einen große Sortenunterschiede bei der Mischkultureignung gibt, und zum anderen der Reinkulturertrag keine gute Vorhersage für die Mischkulturleistung bietet. Biozüchter wie die Getreidezüchtung Peter Kunz oder Cultivari leisten auch hier ein weiteres Mal Pionierarbeit, indem sie Zuchtlinien auch unter Mischanbau selektieren. Im Rahmen von ReMIX werden zurzeit neue Züchtungskonzepte für den Mischanbau entwickelt."
Auf die Frage, ob der Mischanbau bei häufigerer Trockenheit wegen des Klimawandels im Nachteil sein könnte, da Mischkulturen wegen ihrer längeren Wachstumsphase über längere Zeit Wasser brauchen als Monokulturen: "Nein, wie in der Studie erwähnt, benötigen Mischanbausysteme nicht mehr Wasser pro produziertem Korn. Ein höherer Gesamtverbrauch kommt nur im sogenannten Relay Intercropping zum Tragen und das auch nur in bewässerten Relay Intercrops. Ein häufigeres Auftreten extremer Wetterbedingungen – wie etwa Trockenheit aufgrund des Klimawandels – wird den Mischanbau attraktiver machen, da Mischkultursysteme eine Ausgleichswirkung zeigen. Durch den zeitgleichen Anbau mehrerer Kulturarten reduziert sich das Risiko starker Ertragsausfälle, da im Falle einer starken Beeinträchtigung zum Beispiel einer trockenheitsanfälligen Kulturart, der Mischungspartner diesen Ausfall kompensieren kann. Dieser Kompensationseffekt ist einer der Gründe des beständigen Mehrertrags von Mischkultursystemen."
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Pierre Hohmann
Links
- fibl.org: Thema Pflanzenzüchtung
- nature.com: Li, C., Hoffland, E., Kuyper, T.W. et al. Syndromes of production in intercropping impact yield gains. Nat. Plants (2020). https://doi.org/10.1038/s41477-020-0680-9
Zusammenfassung der Studie
Der Anbau von Mischkulturen war über Jahrhunderte überall auf der Welt eine gängige Methode. In China spielt das Intercropping auch heute noch eine gewisse Rolle, die intensive Landwirtschaft in Europa und Nordamerika ist dagegen meist geprägt vom Anbau von Monokulturen. Die wachsende Weltbevölkerung, der damit steigende Nahrungsmittelbedarf und die häufig massiven Umweltauswirkungen der landwirtschaftlichen Praxis lassen auf der Suche nach effizienten und gleichzeitig nachhaltigen Anbaumethoden auch den Mischkultur-Anbau wieder interessant werden.
Das Team um Chunjie Li hat in der Metastudie hunderte Datensätze berücksichtigt und ausgewertet. In diesen wurden insgesamt vier verschiedene Varianten des gemeinsamen Anbaus von zwei Kulturen auf einem Acker untersucht – wild durcheinander, wechselweise in Reihen, abwechselnd in Abschnitten und leicht versetzt in abwechselnden Abschnitten. Als besonders vorteilhaft zeigten sich dabei immer Anbausysteme, in denen Mais eine der beiden Kulturen war und die Saat und Ernte der beiden Kultur nicht zeitgleich stattfand. Durchschnittlich fanden die Wissenschaftler pro Hektar um 1.500 Kilogramm höhere Erträge als beim Anbau nur einer Kultur. Die Steigerung der Ausbeute in Kulturen mit Mais war dabei fast viermal so hoch im Vergleich zu Kulturen ohne Mais. In der Analyse wurde nicht der Wasserverbrauch beim Anbau berücksichtigt, der beim Intercropping aufgrund der längeren Wachstumsphase der Pflanzen meist höher ist als beim monokulturellen Anbau.
Die Studie wurde im Fachjournal „Nature Plants“ publiziert.