Das Klima spielt für die Ausbreitung und die Entwicklung von Schadorganismen eine entscheidende Rolle. Szenarien zur zukünftigen Veränderung des Vorkommens von Schädlingen und Krankheitserregern dienen als Basis für die Planung von Anpassungsmassnahmen im Pflanzenschutz. Mit dem Klimawandel wird sich der Druck der Schadorganismen auf Kulturpflanzen ändern. Dies erfordert eine Anpassung der Massnahmen im Pflanzenschutz. Quantitative Informationen zur zukünftigen Vermehrung und Ausbreitung von Schädlingen und Krankheitserregern unterstützen den Anpassungsprozess.
Ziel dieses Themenschwerpunkts ist es, ausgehend von den aktuellen Klimaszenarien und mit Hilfe von Computersimulationen, Szenarien zur Verbreitung und Entwicklung ausgewählter und für die Schweizer Landwirtschaft relevanter Schadorganismen auszuarbeiten. Dabei werden mögliche Verschiebungen in der Standorteignung der Kulturen und der direkten Auswirkungen des Klimawandels auf das Pflanzenwachstum berücksichtigt.
In diesem Themenschwerpunkt werden, ausgehend von den neuen Klimaszenarien für die Schweiz, Szenarien zur Verbreitung und Vermehrung von Schadorganismen ausgearbeitet. Dazu werden statistische und prozessbasierte Modelle verwendet. Die Modelle werden aufgrund von aktuellen Daten kalibriert. Für die Untersuchung von invasiven Arten wird der Zielraum auf ganz Europa ausgedehnt. Entsprechende Daten und Klimaszenarien werden beigezogen. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Schadorganismen werden beispielhaft am Apfelwickler (Cydia pomonella), einem einheimischen Schädling im Obstbau, und der Marmorierten Baumwanze (Halyomorpha halys), einem invasiven gebietsfremden Schädling, diskutiert.
Der Einfluss von erhöhten Temperaturen auf die Entwicklungsgeschwindigkeit und die Anzahl auftretender Generationen des Apfelwicklers wird unter Berücksichtigung der zeitlichen Synchronität zwischen Wirtspflanze und Schadorganismus untersucht.
Für die Marmorierte Baumwanze werden mittels eines bioklimatischen Populationsmodells die Verbreitung und das saisonale Vorkommen unter heutigen und zukünftigen Klimabedingungen simuliert. Das Modell erlaubt, den Einfluss von Extremtemperaturen auf die Entwicklung des Schadinsekts näher anzuschauen.
Das Risiko klimabedingter Wirkung auf ein System ist ein Resultat einer Gefahr, Exposition und Vulnerabilität (IPCC). Während Klimaszenarien die Gefahr simulieren, erlauben Klimafolgemodelle eine Schätzung über die mögliche Vulnerabilität. MeteoSchweiz und ETH Zürich entwickeln im Rhamen des NCCS Themenschwerpunkt Klimaszenarien CH2018 basierend auf den neusten Modellen, Daten und Methoden die Klimaszenarien CH2011 weiter. FiBL berechnet die Vulnerabilität und die Exposition mit Hilfe von Klimafolgemodelle für Schadorganismen.
Die aktuellen Klimaszenarien CH2011 werden basierend auf den neusten wissenschaftlichen Methoden, Daten und Modellen weiterentwickelt und um neue anwendungsorientierte Klimaparameter ergänzt. Die neuen Klimaszenarien CH2018 ermöglichen robuste, unter den Fachexperten breit abgestützte Aussagen. Damit wird erreicht, dass sie in den verschiedenen Sektoren als gemeinsame nationale Daten- und Infomationsgrundlage verwendet werden können.
Durch die erhöhte Mobilität, den Warentransport und den Klimawandel, gibt es bei uns immer mehr gebietsfremde Schadinsekten. Für verschiedene neuauftratende gebietsfremde Schadinsekten im Obstbau, wie die Kirschessigfliege, die marmorierte Baumwanze oder die Mittelmeerfruchtfliege, simulieren wir mit Hilfe eines bioklimatischen Risikomodells die zukünftige Verbreitung in der Schweiz. Wir berechnen z.B. die Wahrscheinlichkeit für das längerfristige Überleben, die Länge der saisonalen Wachstumsphase, die Anzahl Generationen oder die saisonale Phänologie und Abundanz. Für einzelne Arten betrachten wir auch wie sich die Synchronität zwischen Wirt und natürlichen Feinden (z.B. Parasitoide) in Zukunft verschieben wird.
Eine nachhaltige Bekämpfung ist bereits heute schwierig und wird unter zukünftigen Klimabedingungen eine grosse Herausforderung. Das Ziel dieses Moduls ist es, vorhandene Modelle zur Simulation der Populationsdynamik des Apfelwicklers, zur Fruchtphänologie oder zum Erntezeitpunkt weiterzuentwickeln. Weiter werden zusätzliche klimarelevante Populationsparameter (z.B. Diapause Induktion) oder Sorten spezifische Modelle integriert. Die Kombination verschiedener Modelle ermöglicht die Abschätzung eines Risikos für die dritte Generation in Abhängigkeit der Fruchtreife, der Sorte, des Erntezeitpunktes in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung.
Mit Hilfe von (nicht) klimatischen Faktoren werden wir beispielhaft die potentielle zukünftige Verbreitung von Leitarten in der Schweiz abschätzen. Leitarten sind repräsentativ für ein bestimmtes Habitat und dienen zur Bestimmung der Qualität eines Lebensraums.
Für wichtige Arten im Obst-, Wein- und Ackerbau werden Anpassungen von Pflanzenschutzstrategien ermittelt und mit Fachexperten diskutiert. Dabei wird FiBL einen Schwerpunkt auf Anpassungsstrategien für den Biolandbau und agrarökologische Massnahmen setzen.
Die Resultate werden auf der Internetseite von NCCS, in Vorträgen, Tagungen und Merkblätter kommuniziert. Zusätzlich sollen auch wissenschaftliche Publikationen entstehen.
Themenleitung & NCCS Partner