Das Absetzen von Ferkeln im Alter von 40 bzw. 42 Tagen ist eine herausfordernde Zeit – sowohl für die Jungtiere als auch für Bauern und Bäuerinnen. Häufig kommt es beim Absetzen zu Absetzdurchfall, welcher das Wohlergehen der Ferkel beeinträchtigt. Darüber hinaus hat Durchfall Leistungseinbußen sowie in manchen Fällen ein Verenden der Tiere zur Folge.
Eine Verlängerung der Säugezeit wurde in einer Studie des deutschen Thünen-Instituts hinsichtlich Wohlergehen und Gesundheit der Ferkel sehr positiv bewertet. Seit Sommer 2016 arbeiten ausgewählte ExpertInnen und PraktikerInnen im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft an einer möglichen Umsetzung der verlängerten Säugezeit bei Bioschweinen in Österreich. Die erfolgreiche Zusammenarbeit soll Effekte auf das Wohlergehen der Ferkel, Ferkelgesundheit und Behandlungsinzidenz sowie Auswirkungen auf die Sauen und die ökonomischen Ergebnisse evaluieren und Modellbetriebe für interessierte Schweinebauern und -bäuerinnen etablieren. Daraus hervorgehende Beratungsunterlagen sollen Herausforderungen aufzeigen sowie Erläuterungen zur Umsetzung der verlängerten Säugezeit zur Verfügung stellen.
In der Bioschweinehaltung erfolgt das Absetzen der Ferkel von der Sau frühestens nach der gesetzlichen Mindestsäugzeit von 40 Tagen Säugezeit bzw. meist aufgrund des Wochenrhythmus nach 42 Tagen. Zu diesem Zeitpunkt ist das Verdauungssystem der Ferkel jedoch noch nicht auf feste Nahrung eingestellt, der Nährstoff- und Energiebedarf kann daher durch die feste Nahrung nicht gedeckt werden. Zudem ist ein Ferkel mit 6 Wochen in einer sensiblen physiologischen Phase, ein sogenanntes immunologisches Tal durch Verlust der durch die Sau vermittelten passiven Immunität. Viele Betriebe haben daher beim Absetzen der Ferkel Probleme, die das Wohlergehen, die Tiergesundheit und die Leistung der Ferkel stark beeinträchtigen können. Das größte Problem stellt der sogenannte Absetzdurchfall dar. In der Ferkelaufzucht ist Absetzdurchfall einer der Hauptgründe für den Einsatz von Antibiotika, denn der Durchfall beeinträchtigt das Wohlergehen der Ferkel sehr – die Ferkel kümmern (eingefallene Flanken, verstärkter Haarwuchs, hervorstehende Wirbelsäule, lange dünner Rüssel etc.), zeigen das Unwohlsein deutlich durch etwa einen eingezogenen Ringelschwanz oder Apathie.
Neben der großen emotionalen Herausforderung für Bauern und Bäuerinnen, die auftritt, wenn Tiere krank werden, sind die entstehenden Leistungseinbußen der Ferkel zudem ökonomisch relevant. Kranke Tiere benötigen mehr Energie für die Aufrechterhal-tung der Grund-Lebensfunktionen und zeigen kein frohwüchsiges Wachstum. Eine Studie des Thünen-Instituts zeigt auf, dass eine Verlängerung der Säugezeit einen Lösungsansatz anbietet, die Probleme rund um das Absetzen der Ferkel zu reduzieren.
Die Umsetzung einer verlängerten Säugezeit von der Theorie in die Praxis erscheint auf den ersten Blick einfach, es gibt allerdings mehrere Hemmnisse, weshalb der Großteil der Bäuerinnen und Bauern es nicht oder wenn nur zaghaft umsetzen:
Beispielsweise die Gestaltung der Umstellungsphase: Die Verlängerung der Säugedauer muss sorgfältig geplant werden, da die Abferkelbuchten dementsprechend länger belegt sind und nachfolgende Sauen erst später umgestallt werden können. Raumkonzepte müssen betriebsindividuell entwickelt werden. Auch könnte es zu eventuell häufiger auftretender Laktationsrausche kommen (d.h. Sauen werden während der Säugezeit brünstig und könnten gedeckt oder künstlich besamt werden) oder nicht jede Sau (z.B. Linie/Genetik) in Österreich für eine verlängerte Säugezeit geeignet sein. Zusätzlich fehlt eine ökonomische Bewertung der verlängerten Säugezeit als unterstützende Informati-on für die Bäuerinnen und Bauern.
Ziel des Vorhabens ist die Umsetzung des Konzepts der verlängerten Säugezeit auf Bioschweinebetrie-ben zur Verbesserung des Wohlergehens und Gesundheit der Tiere sowie Reduktion des Betriebsri-sikos aufgrund von Behandlungen der Tiere. Von großer Bedeutung für das Vorhaben ist der Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Forschung, Praxis und Beratung, die durch verschiedene Methoden gewährleistet werden soll (z.B. gemeinsames Bearbeiten partizipativ entwickelter Themen auf teil-nehmenden Betrieben in Anlehnung an das Konzept "Stable school", unkomplizierte Kontaktmöglichkei-ten zwischen WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen, um bei unerwarteten Ereignissen adäquat reagieren zu können etc.).
Die regelmäßigen Arbeitstreffen der heterogen zusammengesetzten Operationellen Gruppe (ARGE Verlängerte Säugezeit) und die aktive Einbeziehung aller relevanten AkteurInnen unterstützen einen effizienten Wissenstransfer und ermöglichen die erfolgreiche Bearbeitung praxisrelevanter Herausforderungen unter wissenschaftlicher Begleitung.
Detailliertere Ziele des Vorhabens beinhalten unter anderem:
Zur Zielerreichung werden u.a. folgende Methoden angewandt:
Projektkoordination