Es ist bekannt, dass feingemahlenes Futter, wie es in der Schweinefütterung üblich ist, zu einer Schädigung der Magenschleimhaut führen kann. Mangelndes Rohfaserangebot sowie die damit verbundene fehlende Beschäftigung stehen zudem in einem Zusammenhang mit abnormalem Verhalten wie Schwanzbeissen. In der Schweiz ist zwar seit kurzem das Anbieten von Stroh, Raufutter oder ähnlichem Material vorgeschrieben. Raufutter im engeren Sinne wird jedoch aus arbeitswirtschaftlichen Gründen auch in biologischer Haltung selten angeboten. Gerade in der Haltung von Ebern, die eine erhöhte Aktivität und Aggressivität zeigen und dadurch möglicherweise unter einer chronischen Stressbelastung stehen, könnte ein Raufutterangebot eine beruhigende Wirkung haben. In einem experimentellen Teil wird deshalb der Frage nachgegangen, ob Eber unter einer grösseren Stressbelastung stehen als Kastraten und ob Raufutter in diesem Zusammenhang stressmindernd wirkt. Schliesslich soll in einem Praxisversuch auf mehreren Biobetrieben der Einfluss von Raufutter auf Tiergesundheit, Tierwohl sowie Produktqualität bei Kastraten und weiblichen Tieren angeschaut werden.
In Zukunft wird die Ebermast europaweit an Bedeutung gewinnen. Der Verzicht auf die Kastration bedeutet sicherlich eine Verbesserung des Tierwohls. Allerdings ist unklar, wie sich die im Vergleich zu Kastraten grössere soziale Aktivität auf das Wohlbefinden der Eber auswirkt. In solchen Gruppen könnte eine attraktive Beschäftigungsmöglichkeit ablenkend und damit stresslindernd wirken. Chronischer Stress ist wesentlich schwieriger nachzuweisen als akuter Stress. Veränderungen der Magenschleimhaut bis hin zu Magengeschwüren sind in der Schweinehaltung ein weitverbreitetes und tierschutzrelevantes Problem. Die Veränderungen sind sowohl stress- als auch fütterungsbedingt und entstehen häufig bei strukturarmer Fütterung.
Im Projekt soll deshalb der Einsatz von strukturreichem Raufutter in der Schweinemast untersucht werden: Erstens soll ein Raufutterangebot sowohl in Eber- wie auch in Kastratengruppen getestet werden, wobei durch die verlängerte Futteraufnahme und Beschäftigung eine Reduktion in agonistischem und umorientiertem Explorationsverhalten erwartet wird. Zweitens sollen die Vor- und Nachteile einer Raufuttergabe hinsichtlich Magenschleimhautveränderungen, Verhaltensstörungen, Leistung und Gesundheit unter Praxisbedingungen überprüft werden. Um Aussagen über eine potentielle Belastung durch die Haltung reiner Ebergruppen sowie die potentiell stresslindernde Eigenschaft von Raufutter zu beurteilen, sollen Indikatoren für chronischen Stress getestet und weiterentwickelt werden.
Betreuung der Doktorandin Mirjam Holinger bezüglich Versuchsdurchführung auf den Praxisbetrieben; fachliche Unterstützung bezüglich Schweine- und Eberhaltung
www.fibl.org/de/themen/ebermast.html