Rebekka Frick ist Sozialwissenschaftlerin und arbeitet seit acht Jahren am FiBL Schweiz im Departement für Agrar- und Ernährungssysteme. Sie forscht zur Transformation von Agrar- und Ernährungssystemen mit einem besonderen Augenmerk auf die beteiligten Akteur*innen, deren Interessen und die benötigten Veränderungen der Rahmenbedingungen.
In der Schweiz unterstützt der Bund die Biodiversität in der Landwirtschaft mit Biodiversitätsbeiträgen. Trotz der aktuellen Fördermassnahmen nimmt die Artenvielfalt in der Schweiz jedoch stetig ab. Herausforderungen, die aus dem Artensterben resultieren, betreffen auch die Landwirtschaft. Ein vielversprechender Ansatz ist die zielorientierte Biodiversitätsförderung. Dabei wird die Biodiversität auf dem Landwirtschaftsbetrieb eigenverantwortlich und flächenspezifisch gefördert. Dieses System bringt für Landwirt*innen mehr Freiheiten, aber auch mehr Risiken.
Bisher erhalten Landwirt*innen Biodiversitätsbeiträge massnahmenorientiert, bekommen also das Einhalten von Massnahmen vergütet wie zum Beispiel den Verzicht auf Düngung. Beim zielorientierten Ansatz steht die Qualität der Flächen im Vordergrund, diese bestimmt die Höhe der Förderbeiträge. Die Landwirt*innen entscheiden selbst, welche Massnahmen sie umsetzen, um die Qualität zu verbessern oder zu erhalten.
Im Pilotprojekt ZiBiF (Zielorientierte Biodiversitätsförderung) wird dieser Ansatz aktuell auf 29 Betrieben im Kanton Zürich getestet. Berater*innen begleiten die beteiligten Landwirt*innen. Sie schauen zusammen die verschiedenen Flächen an und besprechen das Entwicklungspotenzial. In einer Vereinbarung halten sie flächenspezifische und standortangepasste Ziele fest, an der sie sich bei der Wahl der Massnahmen orientieren sollen. Konkrete Ziele wären beispielsweise das Etablieren einer Fromentalwiese mit ihren typischen Arten oder das Etablieren einer Hecke mit wertvollen Arten und Struktur.
Das FiBL Schweiz ist mit Beratung und wissenschaftlicher Begleitung in das Projekt involviert. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung untersuchen wir beispielsweise, was Landwirt*innen motiviert, bei der zielorientierten Biodiversitätsförderung mitzumachen. Zwei Aspekte sind dabei von den teilnehmenden Betrieben bisher besonders hervorgehoben worden: Flexibilität und Autonomie.
Die Flexibilität zeigt sich in der Möglichkeit, Massnahmen an den Standort anzupassen und dadurch ihre Wirksamkeit zu verbessern. Weiter zählt dazu, dass die Biodiversitätsförderung besser in den betrieblichen Alltag integriert werden kann, da die Landwirt*innen die Art und den Zeitpunkt der Massnahme selber wählen können. Und es gibt mehr Optionen, die Biodiversität mit der Produktion zu verknüpfen. Zudem schätzen es die Landwirt*innen, auch einmal etwas Neues ausprobieren zu können.
Die grössere Autonomie in der Biodiversitätsförderung ist den teilnehmenden Landwirt*innen ein grosses Anliegen. Allein die Tatsache, dass sie selbst bestimmen können, was sie wie und wann für die Biodiversität tun, motiviert sie zur Teilnahme am Projekt ZiBiF. Zudem schätzen sie, dass ihr eigenes Biodiversitätswissen und ihre Erfahrungen mit der Biodiversitätsförderung auf ihrem Land von grosser Relevanz sind und sie dies direkt nutzen können. Sie finden es gut, ihr Wissen zu erweitern, insbesondere durch die betriebsspezifische Beratung, die auf den Standort wie auch auf den Betrieb und die Landwirt*innen angepasst ist.
Das Pilotprojekt zeigt, dass es sich lohnt, die Biodiversitätsförderung nicht nur aus der Perspektive der finanziellen Anreize zu betrachten. Die finanzielle Entschädigung ist zentral – keine Frage. Unsere Forschung zeigt aber, dass auch Selbstbestimmung und Flexibilität zentrale Motivatoren für die Förderung der Biodiversität sind.
Die Projektträgerschaft setzt sich aus Vertreter*innen des Amtes für Landschaft und Natur des Kantons Zürich, der landwirtschaftlichen Beratungszentrale Agridea, des Zürcher Bauernverbands und des Strickhofs, dem Kompetenzzentrum für Agrar-, Lebensmittel- und Hauswirtschaft des Kantons Zürich zusammen.
zielorientierte-biodiversitaet.ch: Website des Projekts ZiBiF