Peter Meindl ist Biologe und arbeitet seit fast zwei Jahrzehnten am FiBL Österreich. Seit 10 Jahren führt er Bildungsprojekte zum Thema Biodiversitätsförderung durch, bei denen Landwirt*innen mit Veranstaltungen, Infobroschüren und Filmen bei der Umsetzung biodiversitätsfördernder Massnahmen unterstützt werden.
In Österreich ist die Landwirtschaft – im europäischen Vergleich – relativ klein strukturiert. Gerade einmal 32 Hektare ist die landwirtschaftlich genutzte Fläche eines durchschnittlichen Betriebes gross und etwa jeder vierte Betrieb wird biologisch bewirtschaftet (zum Vergleich: Schweiz: rund 22 Hektare, etwa jeder 6. Betrieb biologisch; Deutschland: rund 65 Hektare, etwa jeder 7. Betrieb biologisch). Eine gute Voraussetzung für biodiversitätsförderndes Wirtschaften, sollte man meinen. Doch auch in Österreich sinkt die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft rapide. Vögel sind dabei sehr gut untersucht und der «Farmland Bird Index» zeigt aktuell zum wiederholten Mal eine Abwärtsentwicklung. Für den Index werden seit 1998 die Bestände von 23 Vogelarten der Kulturlandschaft erfasst. Die Bestände von Braunkehlchen, Feldlerche, Neuntöter und Co. sind in den letzten 25 Jahren um 40 Prozent zurückgegangen. Auch bei den Insekten sieht es nicht besser aus und die Roten Listen bedrohter Arten werden immer länger.
Was kann die Landwirtschaft also tun, um das Artensterben zu stoppen? Oft wird aber zunächst die Frage gestellt: Warum muss die Landwirtschaft etwas dagegen tun? Recht rasch erkennt man dann, dass unsere Lebensmittelproduktion in hohem Masse von der Biodiversität abhängt. Bestäubung, Schädlings-Nützlings-Beziehungen oder Abbau- und Umbauprozesse im Boden sind nur einige Beispiele, bei denen es auf eine hohe, intakte Vielfalt ankommt.
Seit vielen Jahren ist eines unserer Ziele am FiBL Österreich, Wissen über die Bedeutung der Biodiversität für die Landwirtschaft zu vermitteln. Dabei ist zum Beispiel die Wissensvermittlung zur Anlage und Pflege von Blühflächen – obwohl seit Jahren etabliert und häufig umgesetzt – noch immer ein Thema. Aber besonders wichtig ist auch die Frage, wie der Betrieb von einer hohen Biodiversität profitieren kann. Massnahmen zur Förderung der Biodiversität greifen an vielen Stellen in den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes ein. Ein schönes Beispiel dafür ist die Förderung bestäubender Insekten. In zahlreichen Kulturen können die Erträge mit Hilfe von Wildbienen und Co. deutlich gesteigert werden. Mit Sicherheit auch ein Motiv zur Förderung der Vielfalt.
Zu den grossen Herausforderungen, mit denen die Landwirtschaft konfrontiert ist, zählt neben dem Artenverlust auch in Österreich der Klimawandel. Insbesondere in den trockenen Regionen Ostösterreichs werden daher Konzepte zur Anpassung an den Klimawandel gesucht, woran auch das FiBL beteiligt ist. Ein möglicher Lösungsansatz, um beiden Krisen zu begegnen, sind Agroforstsysteme. Die Baumreihen auf Ackerflächen verändern durch Schatten und Verdunstung das Kleinklima und können auch vor Wasser- und Winderosion schützen. Ein neues Konzept, bei dessen Umsetzung die Betriebe nun schon in mehreren Projekten vom FiBL begleitet werden. Neben der Klimawandelanpassung fördert Agroforst auch die Biodiversität, da die Bäume neue Lebensräume und vernetzende Elemente in die Agrarlandschaft bringen. Natur und Landwirtschaft können also gleichermassen profitieren.
Veränderungen werden also oft durch eine Änderung der Rahmenbedingungen eingeleitet. Ob Biodiversitätsflächen, Agroforst oder andere Massnahmen zur Förderung der Vielfalt, das FiBL Österreich begleitet Betriebe bei der Umsetzung. Nur mit Veränderungen können wir die Landwirtschaft weiter entwickeln und an die neuen Herausforderungen anpassen.