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Wie Biobaumwoll­betriebe in Indien die Bodenfruchtbarkeit beeinflussen

 Fünf Männer arbeiten gemeinsam auf einem gepflügten trockenen Acker und analysieren Bodenproben mit einer blauen Schale.

Gemeinsam mit indischen Baumwoll-Bauer nimmt Andrin Schilliger Bodenproben. (Foto: SysCom Indien)

Mehrere Männer arbeiten gemeinsam auf einem bestellten Feld; zwei knien am Boden, während ein anderer mit Notizen danebensteht.

Die Analysen der genommenen Feldproben werden später Aufschluss darüber geben, wie gut die Bodenfruchtbarkeit ist. (Foto: SysCom Indien)

Vier Männer, darunter ein ausländischer Forscher, sitzen vor einem Haus und führen ein Interview mit Notizen und Papier.

Andrin Schilliger führte Interviews mit etwa 40 Biobaumwoll-Bauern in Madhya Pradesh, Indien. (Foto: SysCom Indien)

Drei Männer, darunter ein ausländischer Forscher, sitzen auf Stühlen in einem Haus mit Lehmboden und Ventilator.

Die Bauern wurden zu den Themen Boden­fruchtbarkeits­management, Fruchtfolge, Düngereinsatz und den Umgang mit Ernteresten befragt. (Foto: SysCom Indien)

Was beeinflusst die Bodenfruchtbarkeit im biologischen Baumwollanbau in Indien? Andrin Schilliger, Student an der HAFL (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften) untersuchte im Rahmen seiner Bachelorarbeit mit dem FiBL verschiedene Bodenfruchtbarkeitsparameter und potentielle Einflussfaktoren. Dazu verbrachte er sechs Monate in Indien im SysCom-Projekt (Farming Systems Comparison in the Tropics). Im Interview erzählt er von seinen Erlebnissen und erläutert die wichtigsten Resultate seiner Arbeit.

Willkommen zurück in der Schweiz. Sie haben Ihre Bachelorarbeit im Rahmen des SysCom-Projektes gemacht. Worum geht es dort und wie sind Sie dazu gekommen?

Andrin Schilliger: Das SysCom-Projekt läuft seit 2007 und untersucht das Potenzial der biologischen Landwirtschaft in den Tropen im Vergleich zu konventionellen Systemen. Das Projekt hat Langzeitversuche in Indien, Bolivien und Kenia, wobei der DOK-Versuch in der Schweiz als Vorbild dient. Zu meinem Agronomie-Studium mit Vertiefung Internationale Landwirtschaft gehört ein sechsmonatiges Praktikum im Ausland dazu. So bin ich nach Indien gegangen und konnte das direkt mit meiner Bachelorarbeit verbinden. Meine Arbeit konzentrierte sich auf die On-farm-Forschung, bei der wir gemeinsam mit Landwirten vor Ort (ausschliesslich Männer, da diese in der Regel die Betriebsleiter sind, Anm. d. Red.) am Verständnis von innovativen und nachhaltigen Praktiken gearbeitet haben.

Was hat Sie dazu motiviert, sich mit dem Thema Bodenfruchtbarkeit im Baumwollanbau in Indien zu beschäftigen?

Biolandwirtschaft und Bodenfruchtbarkeit liegen mir sehr am Herzen. In Indien sind die Baumwollerträge oft niedrig und sehr variabel. Wir wollten herausfinden, wie das Bodenfruchtbarkeitsmanagement der Betriebe die Bodenfruchtbarkeit beeinflusst und welche Auswirkungen dies auf das Wachstum der Baumwolle hat.

Welche Methoden zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit werden in der Studienregion üblicherweise angewendet?

Es werden verschiedene Praktiken eingesetzt, darunter der Einsatz von Hofdünger, meist Rindermist von den eigenen Tieren, und Kompost, die Berücksichtigung der Fruchtfolge und vereinzelt auch Gründüngungen. Weitere Düngemittel wie zum Beispiel Rohphosphat werden nur selten und in kleineren Mengen eingesetzt. Etwa ein Drittel der befragten Bauern verwendet auch Kompost und einige wenige nutzen Gründüngungen oder das Einarbeiten von Ernterückstände, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen. Dies steht jedoch oft in Konkurrenz zur Verwendung für die Tierfütterung.

Wie sah ein typischer Arbeitsalltag in Indien für Sie aus?

Ein typischer Arbeitstag bestand aus dem Kontaktieren von Bauern, Feldarbeit zur Entnahme von Bodenproben und Durchführung von Interviews sowie der Dateneingabe und -analyse. Die Zusammenarbeit mit dem lokalen Team war sehr positiv, auch dank des professionellen und erfahrenen Teams vor Ort. Bei den Interviews half ein Übersetzer, der sowohl Englisch als auch den lokalen Dialekt sprach.

Das Forschungszentrum von SysCom Indien liegt in Madhya Pradesh, südlich von der Stadt Indore, eine sehr ländlich geprägte und ruhige Gegend. Wie haben Sie die Freizeit verbracht?

Es war dort tatsächlich nicht viel los. Ich bin zum Beispiel manchmal mit meinem Motorbike in einen nahe gelegenen Ort gefahren um Früchte zu kaufen, war auf den Feldern spazieren und ich hatte auch Hindi-Unterricht. Am Wochenende konnte ich meine Arbeitskollegen öfters begleiten zum Schwimmen im Fluss oder um einen Tempel zu besichtigen. 

Können Sie uns mehr über Ihre Forschungsmethoden erzählen? Wie haben Sie die Daten gesammelt, um Ihre Fragen zu beantworten?

Wir haben Interviews mit etwa 40 Landwirten geführt und Bodenproben entnommen, die anschliessend im Labor analysiert wurden. Ausserdem haben wir das Pflanzenwachstum der Baumwolle gemessen. Die Interviews konzentrierten sich auf das Bodenfruchtbarkeitsmanagement, die Fruchtfolge, den Düngereinsatz und den Umgang mit Ernteresten. Wir haben auch Daten zu sozioökonomischen Faktoren wie die Grösse des Betriebs, die Dauer der biologischen Bewirtschaftung und das Bildungsniveau der Landwirte erfasst, um ein umfassendes Bild zu erhalten. 

Was waren die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Forschung? Gab es überraschende Erkenntnisse?

Die Ergebnisse zeigten, dass Betriebe, die eine gute Fruchtfolge praktizieren, Baumwollreste in den Boden einarbeiten und ausreichend Hofdünger verwenden, bei einigen Parametern eine bessere Bodenfruchtbarkeit erzielen konnten. Überraschenderweise hatten die Bodenart oder die Dauer seit der Umstellung auf biologischen Landbau keinen wesentlichen Einfluss auf Fruchtbarkeitsparameter wie den Humusgehalt. Beim Vergleich von Kompost mit reinem Rindermist zeigte sich, dass der Mehraufwand zur Herstellung von Komposts keinen Vorteil brachte. Die Einarbeitung von Ernterückständen führte hingegen zu einem höheren Stickstoff- und Humusgehalt im Boden.

Zum Einarbeiten von Ernterückständen der Baumwolle habe ich in Ihrer Arbeit gelesen, dass insbesondere Betriebe, die seit langer Zeit, seit 20 bis30 Jahren, biologisch produzieren, dies eher nicht tun. Warum ist das der Fall? 

Das ist ein eher unerwartetes Ergebnis. Es gibt individuell unterschiedliche Gründe dafür, warum das nicht gemacht wird. Einige nutzen die Baumwollstängel als Brennstoff für die Küche, andere füttern sie an ihre Wasserbüffel und wieder andere fürchten sich von einem höheren Schädlingsbefall im nächsten Jahr da der «Cotton Bollworm» in den Stängeln überleben kann.

Sie haben die Bauern dazu befragt, was sie unter einem "guten Boden" verstehen. Was haben sie gesagt?

Sie haben vor allem den Bodentyp und die Bodenfarbe erwähnt. Parameter wie pH-Wert, Humusgehalt oder biologische Aktivität wurden seltener genannt, obwohl diese für die Bodenqualität von grosser Bedeutung sind.

Sie haben den Einfluss der Fruchtfolge auf die Bodenfruchtbarkeit untersucht. Was zeigen die Ergebnisse dazu? 

Der Anbau von Baumwolle im Vorjahr war weniger günstig für die Bodenfruchtbarkeit als der Anbau anderer Kulturen wie Soja. Eine mögliche Erklärung ist, dass Betriebe, die Soja in ihre Fruchtfolge integrieren, den Boden weniger intensiv bearbeiten und eine bessere Stickstoffbilanz haben, da Soja als Leguminose den Stickstoffgehalt im Boden verbessert.

Welche Empfehlungen würden Sie den lokalen Betrieben auf der Grundlage Ihrer Ergebnisse geben?

Auch weniger schwere Böden können eine gute Bodenfruchtbarkeit und gutes Pflanzenwachstum erreichen. Die Ausbringung von organischem Dünger, eine gute Fruchtfolge und die Einarbeitung von Ernteresten sind positiv für die Bodenfruchtbarkeit. Und genug pflanzenverfügbarer Phosphor in diesen Böden ist sehr wichtig.

Was kann die Schweizer Landwirtschaft von der indischen Landwirtschaft lernen?

Externe Düngemittel sind in Indien weniger gut verfügbar, daher muss hier stark auf geschlossene und regionale Kreisläufe gesetzt werden.

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen der Landwirtschaft in der Schweiz und der Landwirtschaft, wie Sie ihr in Indien begegnet sind?

Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen gibt es auch Gemeinsamkeiten, zum Beispiel das hohe Engagement für die Landwirtschaft und die Fähigkeit oder auch Notwendigkeit, sich wirtschaftlichen Herausforderungen zu stellen.

Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?

Ich konnte beruflich sehr viel lernen, sowohl über den Baumwollanbau als auch über die Landwirtschaft allgemein in Indien und den Bereich der internationalen Zusammenarbeit. Und ich denke, dass solche Erfahrungen auch für die persönliche Weiterentwicklung sehr hilfreich sind.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Selina Ulmann, FiBL

Weitere Informationen

Das Programm "Landwirtschaftlicher Langzeit-Systemvergleich in den Tropen (SysCom)" untersucht seit 2007 den Vergleich von biologischen und konventionellen Landwirtschaftssystemen in Kenia, Indien und Bolivien. Ziel ist es, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zur nachhaltigen Landwirtschaft zu gewinnen. Die Langzeitversuche analysieren agronomische, ökologische und wirtschaftliche Aspekte, ergänzt durch partizipative On-Farm-Forschung, um praxisnahe Lösungen für lokale Landwirt*innen zu entwickeln. Neben der Forschung stärkt das Programm gezielt lokale Kompetenzen und fördert den internationalen Dialog zu Ernährungssicherheit und ökologischer Nachhaltigkeit.
Das Projekt wird seit Beginn finanziert durch Biovision, den Coop Fonds für Nachhaltigkeit, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und den Liechtensteinischen Entwicklungsdienst (LED). 

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Selina Ulmann

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