Wie üblich hatte FiBL-Gemüseberater Martin Lichtenhahn eine interessante Palette von Referenten aufgeboten. Den Auftakt machte Jochen Rupp von Bioland Bayern mit einem Gedankenexperiment: “So würde ein Berater Tomaten anbauen“, hiess der Titel seines Referats. Es zeigte, dass der langjährige Berater durch seine eigene langjährige Berufspraxis und den Besuch in zahllosen Betrieben eine praktische Sachkenntnis aufgebaut hat, die ihresgleichen sucht.
Auch bei seinem Nachredner Martin Koller vom FiBL ist die Praxis fester Bestandteil der Forschungsarbeit. Allsommerlich versorgt er gemeinsam mit den Bewirtschaftern des FiBL-Hofs die Kollegen am Institut mit erntefrischen, aromatischen Tomaten aus den Versuchs-Folientunnels. Koller gab einen umfassenden Überblick zu den aktuellen Forschungsaktivitäten. Sein Tour d’Horizon reichte von Bodendesinfektion - ein vielversprechender Ansatz sei die in Israel praktizierte Mischung aus Solarisation und der Ausbringung von sogenannt supressivem Kompost - über Düngung, Nützlingseinsatz und Energiesparen bis zum Veredeln.
Bodenfütterung hilft Krankheiten unterdrücken
Michel Vincent von Agroscope zeigte, dass gezielte Senf-Gründüngungen einen schwachen Befall durch bodenbürtigen Krankheiten wie Verticilium dahliae unterdrücken können. Bei starkem Befall in Gewächshäusern haben aber nur die veredelten Pflanzen eine Chance. Da eine hohe Bodenaktivität gewisse bodenbürtige Krankheiten unterdrücken kann, reduziert das Einarbeiten einer Gründüngung, zB. einer Kleegrasmischung Verticilium dahliae massiv. Das „Füttern“ des Bodens mit Gras, Heu oder Silage funktioniert dabei besser als der Anbau einer Gründüngung, da sich Vertcilium an dieser vermehren kann. Chitinhaltige, organische Handelsdünger, ein anderer Hoffnungsträger in der Bekämpfung zeigten in diesen Versuchen keine Wirkung gegen bodenbürtige Krankheiten. Forschungsarbeiten an der Agroscope zeigen überdies, dass gegen die Spinnmilben an Tomaten – ein wachsendes Problem – zwar kein Kraut aber dafür spezielle Raubmilben gewachsen sind.
Peter Schaich fokussierte sodann auf Züchtungstendenzen. Der für den deutschen Sprachraum zuständige Verkaufsleiter von Enza Zaden, einem führenden holländischen Saatgutproduzenten. Die wichtigsten Trends seien Botrytis- und Mehltauresistenz, bessere (waagrechtere) Blattstellung, Reduktion der Seitentriebe und ein schnelleres und dadurch gleichmässigeres Abreifen der Rispen. Neu gut gefragt seien Sorten mit starker Innenfarbe, da sie die Konsumenten immer mehr mit Geschmack gleichsetzten. Neben den Resistenzen stehen bei der Züchtung von Enza die Wuchskraft der Wurzeln im Mittelpunkt, die der Sorte Frühzeitigkeit und den Impuls zur Fruchtbildung vermitteln. Zum Abschluss befasste sich Schaich mit dem Geschmack, der trotz aller Bemühungen nur langsam besser wird, hauptsächlich weil geschmacksreiche Tomaten wirtschaftlich weniger interessant sind: ihre Erträge sind geringer und gewisse Resistenzen schwierig zu kombinieren mit Geschmack.
Biolandbau schützt vor schlechter Klimabilanz nicht
Im praktischen Teil kam dann Yogi Reinhard zu Wort, der im grenznahen Süddeutschland rund 40 Hektaren Freilandgemüse und eine gute Hektare unter Glas und Folie anbaut, unter anderem Tomaten. Er hat sich auf Direktverkauf spezialisiert und bedient 15 Märkte wöchentlich, darunter dreimal Basel. Mit ungekünstelten direkten Worten sorgte er im Publikum für einige Erheiterung, liess aber keinen Zweifel daran, dass er sein Geschäft sehr ernsthaft betreibt, auch um als Bioproduzent ernstgenommen zu werden, wie er sagte.
Zum Schluss gab Matthias Meier vom FiBL den Produzenten zu bedenken, dass auch Biogemüsebau nicht vor stark belasteten Klimabilanzen schützt. Bei Tomaten seien namentlich der Energieeinatz in geheizten Gewächshäusern, hoher N-Einsatz und die Verwendung von Torf und Plastikfolien häufige Sündenfaktoren. Er empfahl zur Optimierung Einsatz von erneuerbaren Energien, optimales Düngermanagement, Torfersatz und allgemein eine höhere Verwertungsrate der Ernte, so wie sie in sogenannten CSA-Betrieben möglich ist. CSA heisst Community Supported Agriculture und steht für von Konsumentengemeinschaften unterstützte Betriebe, also solche, die sich auf Käuferinnen und Käufer verlassen können, die alles kaufen, was produziert wird. Beispiel dafür sind Pflanzblatz Dunkelhölzli in Zürich, Ortoloco in Dietikon oder die Jardins de Cocagne unweit von Genf.
Text: Adrian Krebs
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