(Frankfurt am Main, 9.12.2011) Im historischen Gasthaus „Weiße Mühle“ in Würzburg-Estenfeld kamen über 130 Teilnehmer zusammen: Landwirte, Müller, Bäcker, Landhandel, Verbände und Wissenschaftler diskutierten gemeinsam über Möglichkeiten einer grundwasserverträglichen Qualitätsweizenproduktion.
Erstmalig haben Vertreter entlang der Wertschöpfungskette sowohl aus dem biologischen wie dem konventionellen Bereich zusammen an einem Tisch über dieses Thema diskutiert: „Wir sind sehr interessiert an nachhaltiger Produktion und gespannt auf die Ergebnisse des heutigen Tages“, merkte Elmar Konrad, Vertreter des bayerischen Bauernverbandes, in seinem Grußwort an.
Bislang ist der Rohproteingehalt häufig das allein entscheidende Maß, an dem die Backqualität einer Weizenpartie gemessen wird. Darüber sollen schon bei der Anlieferung Rückschlüsse auf die Backfähigkeit einer Charge gezogen werden. Allerdings gibt es inzwischen neue Sorten, die aufgrund ihrer besonderen Klebereigenschaften auch bei geringerem Rohproteingehalt hervorragende Backergebnisse liefern.
Wie kann jedoch die besondere Qualität neuer Sorten bei der Erfassung von der abnehmenden Seite berücksichtigt werden? Eine sortenreine Annahme ist aus logistischen Gründen beim Landhandel kaum möglich: Hierzu schlug Dr. Klaus-Peter Wilbois vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau Deutschland (FiBL) vor, Sorten mit bestimmten Kleberqualitäten in Qualitätsclustern zu gruppieren und diese mit clusterspezifischen Untergrenzen für den Rohproteingehalt zu versehen. Damit wäre es möglich, unnötig hohe Rohproteingehalte in der Erzeugung zu vermeiden, ohne Einbußen in der Backqualität zu riskieren. So könnten Spätdüngungsgaben und damit potenzielle Grundwasserbelastungen mit Nitrat erheblich reduziert und darüber hinaus die Wirtschaftlichkeit des Qualitätsweizenanbaus verbessert werden.
Der Weizenzüchter Dr. Reiner Bothe von KWS Lochow forderte: „Der Rohproteingehalt einer Weizensorte sollte bei der Sortenzulassung lediglich beschreibenden Charakter haben, nicht jedoch klassifizierenden.“ Züchter, Handel, Landwirte, Müller und Bäcker müssten gemeinsam daran arbeiten, das Potenzial moderner Weizensorten für eine umweltgerechte Produktion zu nutzen. Für die gesamte Wertschöpfungskette und den Grundwasserschutz wäre ein Umdenken sehr sinnvoll. Beispielgebend könne hier die Vorgehensweise in Skandinavien sein, bei der das Backvolumen je Prozent Rohprotein als Qualitätsparameter herangezogen wird. Dies erlaube, den Rohproteingehalt in Relation zur sortenspezifischen Proteinqualität zu bewerten.
Dr. Ludger Linnemann vom Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise wies mit dem von ihm entwickelten optimierten Backtest nach, dass die Qualität von ökologisch erzeugtem Weizen hoch genug ist, um alle gewünschten Backwaren herzustellen. Mit dem herkömmlichen Rapid Mix Test hingegen würde die Backqualität von Ökoweizen tendenziell unterschätzt.
„Gute Backqualitäten sind bei Weizen auch mit geringem Stickstoff-einsatz möglich, wenn neben dem Rohproteingehalt auch dessen sortenbedingte Qualität berücksichtigt wird“, darüber waren sich die Anwesenden in der Diskussion einig. Neben dieser Erkenntnis sei es jedoch wichtig, auch Taten folgen zu lassen. Diese seien allerdings nur umsetzbar, wenn sie als Herausforderung für die gesamte Wertschöpfungskette und in gemeinsamer Verantwortung für den Grundwasserschutz gesehen werden. In diesem Prozess kann die Regierung Unterfranken mit ihrer Aktion Grundwasserschutz einen wichtigen Beitrag leisten.
Weitere Informationen
Kontakt
- Dr. Robert Hermanowski, FiBL Deutschland e.V.
- Dr. Klaus-Peter Wilbois, FiBL Deutschland e.V.
Links
aktiongrundwasserschutz.de: Grundwasserschutz durch Öko-Landbau
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