1962 führte die Meisterklasse auf der ehrwürdigen Rüti junge neugierige und lernwillige Bauern zusammen. Darunter Jakob Bärtschi aus Lützelflüh und Fritz Baumgartner aus Zollbrück. Sie waren vom sagenumwobenen biodynamischen Landwirt Robert Siegenthaler inspiriert, einem Naturkenner und Landwirt ebenfalls aus dem tiefen Emmental. Beide stellten quer zur damaligen "modernen" Dünger- und Pestizidlandwirtschaft grundsätzliche Fragen. So wurden sie überzeugte Biolandwirte. Sie trafen sich ein Leben lang mindestens jährlich mit jener Meisterklasse. Man verstand sich eben unter den verschiedensten Emmentaler Bauern. Bärtschi und Baumgartner hatten entscheidende Anteile an der Entwicklung der Biobewegung.
Nun ist auch Jakob Bärtschi von uns gegangen. Sein integrierendes und unaufgeregtes Wesen und sein offenes Einstehen für den Biolandbau waren zeitlebens prägend für seine Persönlichkeit. Er verfügte neben seinem ausgleichenden Temperament auch über viel Humor, den er gekonnt und präzise einsetzte. Er wurde bald von überallher gerufen, um zu schlichten, zu vermitteln und zu helfen, zum Beispiel bei Hofübergaben oder in der Gemeinde. Er gründete unter anderem die regionale Raiffeisen Bank und engagierte sich auch sonst weit über den biologischen Landbau hinaus. Bei vielen Bioinitiativen im Kanton Bern stand Jakob Bärtschi schützend und integrierend Pate, so bei der Gründung der Biomilk und der Berner Biobauern. Am FiBL Schweiz war er lange Jahre Stiftungsrat und begleitete den Umzug von Oberwil im Kanton Baselland nach Frick im Kanton Aargau.
Jakob Bärtschi war einer der Menschen, die genau wissen, dass das Gras nicht besser wächst, wenn man daran zieht, sondern dass es dazu den richtigen Boden braucht. Und er verstand es im Sozialen und Zwischenmenschlichen genauso, diesen heilsamen Boden zu schaffen. Man fühlte sich wohl in seiner Anwesenheit und die Dinge gediehen. Er wurde als SVP-Vertreter in den Berner Grossen Rat gewählt. Bald hatte er auch dort den Ruf eines parteiübergreifenden Vermittlers. Selbsterklärend litt er an der zunehmenden Polarisierung in der Politik.
Lieber Jakob, im Namen der ganzen Biobewegung und insbesondere des FiBL verneigen wir uns vor Deiner Persönlichkeit. Du hättest mit Deinen Fähigkeiten und Talenten auch ein bekannter Diplomat oder Friedensstifter werden können. Aber du bliebst verwurzelt in Deiner Familie, Deiner Region, Deinem Hof und bei uns in der Biobewegung. Drei Deiner fünf Kinder haben ebenfalls hierher gefunden und leisten wichtige Arbeit.
Es war ein Glück, auf einen Verbündeten wie Dich zu treffen. Auf einen verbindlichen und gut zuhörenden Menschen. Auf Dich konnten wir zählen, wenn es schwierig wurde.
Martin Ott, Präsident des Stiftungsrats des FiBL Schweiz