Kupfer wird in der Landwirtschaft seit 150 Jahren als Pflanzenschutz- und Düngemittel angewendet. Kupferpräparate sind für ökologisch wirtschaftende Betriebe von grosser Bedeutung, da sie helfen, wichtige Pilzkrankheiten an Kulturpflanzen zu bekämpfen. Allerdings reichert sich das Metall im Boden an. Die Verringerung und/oder der Ersatz der kupferhaltigen Präparate ist daher ein wichtiges Ziel im Ökolandbau. Wie dieses Ziel gemeinsam besser erreicht werden kann, das diskutierte auf der BIOFACH-Messe in Nürnberg eine Expertenrunde im Kupferreduktionsworkshop (11.2.2016). "Trotz grosser Fortschritte bei der Entwicklung und Testung von Alternativen in Forschung und Praxis hat sich gezeigt, dass ein kurzfristiges generelles Verbot von Kupfer im ökologischen Pflanzenschutz unabsehbare Produktionsrisiken und Kosten, beispielsweise zur Kompensation von möglichen Ertragseinbussen, mit sich bringen würde", fasst Workshopleiterin, Dr. Annegret Schmitt, vom Julius Kühn-Institut die Meinung der Expertenrunde zusammen. Langfristig wird jedoch eine weitere Reduktion des derzeitigen Kupfereinsatzes in den meisten Kulturen als realistisch bewertet
Dr. Annegret Schmitt vom Julius Kühn-Institut in Darmstadt moderierte die Veranstaltung; die JKI-Wissenschaftlerin koordiniert das von der EU-Kommission geförderte Projekt CO-FREE. Mit einem internationalen Zusammenschluss von Forschungseinrichtungen, Firmen und Anstellern von Freilandversuchen werden in CO-FREE Strategien für den Ersatz von Kupfer in integrierten und ökologischen Anbausystemen untersucht. Dr. Andrea Scherf, ebenfalls vom JKI, und Dr. Lucius Tamm vom FiBL unterstützen die Koordinatorin.
Am Beispiel der in CO-FREE untersuchten Kulturen wird das höchste Einsparpotenzial für Kupferpräparate im Kartoffel- und Apfelanbau gesehen. In diesen Kulturarten könnten Phytophthora- oder pilzresistente neue Sorten den Erfolg bringen. Bei Tomate und Wein gibt es ebenfalls Einsparpotenziale. Hier und in weiteren Kulturen ist jedoch die Forschung, z. B. an alternativen Pflanzenschutzpräparaten, essenziell. Leider vergehen meist deutlich mehr als zehn Jahre von den ersten erfolgreichen Tests im Gewächshaus bis zu marktreifen Mitteln, was die Kosten in die Höhe treibt.
Eine Schlüsselrolle zur weiteren Reduktion von Kupfer spielen nach Ansicht der CO-FREE-Runde standortangepasste Management-Strategien. Dabei müssen für die verschiedenen Kulturen und Regionen einzelne Bausteine jeweils sinnvoll kombiniert werden. CO-FREE hat in verschiedenen Kulturen diverse Ansätze untersucht. Dabei zeigte sich, dass die alternativen Strategien meist deutlich teurer sind als die gängigen Kupferpräparate. Das schreckt die Anwender ab, vor allem, wenn der Handel und damit letztlich die Verbraucher die Bemühungen nicht honorieren.
"Ein langfristiger Kupferersatz durch alternative Massnahmen kann nur dann gelingen, wenn einerseits die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen und andererseits die EU-Ökobranche als Ganzes Kupferreduktion als Ziel für sich definiert", formuliert die JKI-Wissenschaftlerin ein Fazit der Diskussionsrunde. Hier sei auch der Gesetzgeber bzw. die Politik gefordert. Beispielsweise sollte für krankheitsresistente Sorten der Markteintritt gefördert werden oder höhere Produktionskosten in kupferfreien Anbaumethoden kompensiert werden.
Insgesamt ist ein offener Austausch zwischen allen beteiligten Gruppen, u. a. den Forschern, den Landwirten, der Öffentlichkeit, den Händlern sowie den Interessensvertretern und der Politik, notwendig. Nur durch eine konstruktive Zusammenarbeit, finanzielle Unterstützung und der Bereitschaft, gegenseitig aus den Erfahrungen zu lernen, kann das Fernziel Kupferersatz oder weitreichende Kupferreduktion erreicht werden. Der Kupferreduktionsworkshop auf der BIOFACH 2016, an dem 50 Personen teilnahmen, war ein Schritt in die richtige Richtung.
Weitere Informationen zur Thematik unter Lucius Tamm
Link
fibl.org: Innovative strategies for copper-free low input and organic farming systems (Projektbeschreibung auf Englisch)