Unser heutiges Landwirtschaftssystem muss eine weiter wachsende Weltbevölkerung mit einer ausreichenden Menge qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel versorgen. Gleichzeitig ist die moderne Landwirtschaft eine der wichtigsten Triebkräfte negativer Umweltveränderungen - von der Gewässerbelastung über den Biodiversitätsverlust bis hin zu Treibhausgasemissionen. Es ist offensichtlich, dass in der konventionellen Landwirtschaft ein Umdenken stattfinden muss, damit die gravierenden Umweltprobleme der Nahrungsmittelproduktion eingedämmt werden können. Doch auch die biologische Landwirtschaft muss sich weiterentwickeln, damit ihr Potential für mehr Umwelt-, Natur-, Tier- und Klimaschutz voll ausgeschöpft werden kann. Für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft muss daher eine umfassende Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit stattfinden.
Dabei geht es vor allem auch um die Lösung des Zielkonflikts zwischen einer gesteigerten Produktion und einer umfassenden Ökologisierung. Wie eine solche Zukunftsperspektive für die Landwirtschaft aussehen kann, haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen am FiBL für das deutsche Umweltbundesamt herausgearbeitet. Die vorliegende Analyse hat sowohl für die biologische als auch für die konventionelle Landwirtschaft Entwicklungsszenarien formuliert.
Mit dem Konzept Öko 4.0 schlägt die Studie einen weiterentwickelten Biolandbau vor: Dieser macht die biologische Landwirtschaft offener für die Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes. Ertragssteigerungen können zum Beispiel durch die Zulassung essentieller Aminosäuren, welche synthetisch produziert werden, oder neue ertragreiche Sorten erzielt werden. Gleichzeitig werden die in den Öko-Richtlinien gegenwärtig noch fehlenden Mindestanforderungen vor allem in den Bereichen Natur- und Bodenschutz verbindlich gemacht und nicht länger nur in Leitbildern formuliert.
Das Entwicklungsszenario für die konventionelle Produktion schlägt eine klar definierte und an Vorschriften gebundene integrierte Produktion (IP+) vor. Diese verbessert die Umweltperformance im Vergleich zur derzeitigen konventionellen Produktion deutlich. Konkrete Maßnahmen wären zum Beispiel die Verschärfung der Düngevorschriften mit einer Reduktion des maximalen Stickstoffeintrags pro Hektar und Jahr auf 120 kg, verpflichtende Fruchtfolgevorschriften oder Restriktionen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass mit der Einführung der vorgeschlagenen Innovationen und Praktiken die negativen Umweltauswirkungen der Landwirtschaft in beiden Produktionssystemen verringert werden können.
"Dieses Potential kann allerdings nur dann voll ausgeschöpft werden, wenn zusätzliche Anstrengungen unternommen werden. Hierzu zählt die Förderung von Produktionssystemen, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Gleichzeitig müssen die Schwächen der heutigen Landwirtschaft konsequent adressiert werden", erläutert Vorstandsvorsitzender von FiBL Deutschland und Leiter der Studie Urs Niggli. Die vorgelegte Analyse zeigt dabei den möglichen Weg hin zu einem nachhaltigen Landwirtschaftssystem auf.
Weitere Informationen
Bibliographie
Haller, L., Moakes, S., Niggli, U., Riedel, J., Stolze, M., Thompson, M. (2020). Entwicklungsperspektiven der ökologischen Landwirtschaft in Deutschland. UBA Texte. Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes, Dessau-Roßlau.
Links
umweltbundesamt.de: Link zur Studie
Video zur Studie
youtube.com: Teaser
youtube.com: Film
Kontakte
- Dr. Judith Riedel, FiBL
- Prof. Dr. Urs Niggli, FiBL
- Dr. Knut Ehlers, Umweltbundesamt
+49 340 2103-3356, knut.ehlers(at)uba.de