Urs Brändli ist seit 2011 Präsident von Bio Suisse, dem Dachverband der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern. Gleichzeitig ist er auch Mitglied des FiBL Stiftungsrats. Während 30 Jahren führte er einen Biomilchbetrieb in Goldingen im Kanton St. Gallen, den er 2015 an die nächste Generation übergab.
Als aktiver Biobauer habe ich das FiBL vor rund 20 Jahren kennengelernt. Wir beteiligten uns am Projekt "ProQ", dessen Ziel es war, eine Minderung des Antibiotika-Einsatzes bei Milchkühen zu erreichen. Ein paar Jahre später waren wir auch bei "Feed no Food" mit dabei. Dieses Projekt hat mir vor Augen geführt, dass der Einsatz von Kraftfutter in der Biomilchproduktion weder effizient noch wirtschaftlich sinnvoll ist. Beide Projekte zeigen exemplarisch, dass das FiBL Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft frühzeitig erkennt und anpackt.
Besonders wertvoll: Nicht nur ein oder zwei Muster- oder Forschungsbetriebe liefern die Ergebnisse. Vielmehr besteht ein Netz von mehreren hundert Praxisbetrieben, welche bei Bedarf an den Projekten mitwirken. In diesem vielleicht grössten landwirtschaftlichen Versuchslabor der Welt findet sich die Schweizer Landwirtschaft in ihrer ganzen betrieblichen und regionalen Vielfalt.
Der Einbezug vieler Betriebe bringt weitere Vorteile. Während der Projektphase werden neue Erkenntnisse in der Praxis bereits erprobt und angewendet. Durch den Austausch mit Nachbar*innen und Kolleg*innen verbreitet sich neues Wissen schon weit bevor die Projekt-Ergebnisse publiziert sind.
Für die Biobetriebe in der Schweiz und im benachbarten Ausland ist die Vielseitigkeit des FiBL einzigartig und enorm wertvoll. Der Biolandbau lebt von gesamtbetrieblichen Betrachtungen und strebt geschlossene Kreisläufe an. Die Forschenden sind daher gezwungen, verschiedenste Faktoren wie die vorhandene Infrastruktur, topographische wie auch klimatische Gegebenheiten und nicht zuletzt das soziale Gefüge auf den Betrieben miteinzubeziehen und zu berücksichtigen. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachleute an einem Institut ist eine grosse Stärke des FiBL.
Das FiBL hat entscheidend zur Erfolgsgeschichte des Biolandbaus beigetragen. Wissenschaftliche Studien belegten die Wirksamkeit der biologischen Methoden. Wurde der Biolandbau früher oft als esoterisches System dargestellt, zweifelt heute kaum mehr jemand an dessen Seriosität. In unzähligen Forschungsprojekten und Feldversuchen wurden Lösungen für die Problemstellungen und Herausforderungen der Biobetriebe gefunden. Eine Vielzahl an Merkblättern und andere Publikationen stehen zur freien Verfügung und helfen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in den bäuerlichen Alltag zu tragen.
Als Präsident von Bio Suisse erwarte ich von der Biobewegung, dass sie auch künftig Pionierarbeit leistet und auf die Herausforderungen unserer Gesellschaft Antworten sucht. Denn wir kennen beispielweise die Gefahren von sich bildenden Resistenzen bei Medikamenten. Wir wissen, dass die tierische Ernährung die menschliche immer weniger konkurrenzieren und die Produktion von Lebensmitteln weniger Ressourcen verbrauchen darf. Das FiBL sucht konsequent nach Lösungen für diese und viele weitere Herausforderungen, gemeinsam mit Biobetrieben im vielleicht grössten und sicher vielseitigsten agronomischen Forschungsnetzwerk der Welt. Heute im Dienst der Biolandwirtschaft, morgen zum Nutzen aller – Danke FiBL!