Julia Lernoud ist seit ihrer Kindheit mit der Biobewegung in Argentinien verbunden. Sie hat 2010 und von 2014 bis 2020 am FiBL Schweiz gearbeitet. 2017 wurde sie in den Weltvorstand von IFOAM – Organics International gewählt, seit 2021 ist sie eine der Vize-Präsidentinnen der Vereinigung.
Was verbindet Sie mit dem FiBL?
Ich habe das FiBL und Urs Niggli, den damaligen Direktor des FiBL Schweiz, während eines Praktikums bei IFOAM – Organics International kennengelernt – meine nächste Station war das FiBL! Ich hatte das grosse Glück, ein Praktikum am FiBL Schweiz machen zu dürfen, wo ich mit Helga Willer im Kommunikationsteam zusammenarbeitet habe. So begann mein Abenteuer, die Biowelt besser kennen zu lernen. Viele Jahre habe ich dann zusammen mit Helga Willer das Jahrbuch "The World of Organic Agriculture" erstellt, das dieses Jahr sein 25-Jahr-Jubiläum feiert. Durch den Kontakt mit Organisationen und Stakeholdern der Biobranche aus allen Teilen der Welt habe ich gelernt, mit welchen Herausforderungen und Chancen der Sektor in den verschiedenen Regionen und Ländern zu tun hat.
Gibt es ein Schlüsselerlebnis oder eine lustige Geschichte aus Ihrer Zeit am FiBL?
Im Lauf der Jahre gab es viele lustige und inspirierende Geschichten. Einmal mussten Beate Huber, Leiterin des Departements für Internationale Zusammenarbeit und heute zudem Vize-Vorsitzende der Geschäftsleitung des FiBL Schweiz, und ich zur Mittagszeit für eine wichtige Veranstaltung in Brüssel sein. Das FiBL hatte zum ersten Mal die Möglichkeit, bei der Generaldirektion “Internationale Partnerschaften” der EU-Kommission seine Forschungsergebnisse vorzustellen. Als wir uns morgens um sieben Uhr in Basel am Bahnhof trafen, hatten wir gerade erfahren, dass unser Flug gestrichen worden war. Wir suchten nach Zugverbindungen, anderen Flügen, nichts passte. Also beschlossen wir, ein Auto zu mieten; das Navigationssystem zeigte an, dass wir genau jetzt losfahren müssten, um pünktlich anzukommen. Aber alle Autovermietungen hatten noch bis acht Uhr zu. Doch dann sahen wir eine Frau in einem der Büros. Wir hatten Glück! Sie sah unsere Verzweiflung und wir bekamen ein Auto. Ich hatte keinen Führerschein, also musste Beate Huber fahren – aber ihre Präsentation war noch nicht fertig. Während der rasanten Autofahrt erklärte sie mir, was sie für die Präsentation noch benötigte und ich bemühte mich, diese fertig zu stellen. Zum Glück kamen wir pünktlich an – mit fünf Minuten Reserve. Es war ein tolles und sehr interessantes Treffen, das mir gezeigt hat, dass uns keine Flugzeuge, keine Öffnungszeiten und keine Hindernisse aufhalten können, wenn wir unsere Kräfte bündeln!
Was hat das FiBL aus Ihrer Sicht für den Landwirtschafts- und Lebensmittelsektor und im Besonderen für die Biobranche erreicht?
Das FiBL bringt kontinuierlich Klarheit und Transparenz in die Biobewegung, aber auch in die konventionelle Landwirtschaft. Seit seinen Anfängen ist das FiBL die Anlaufstelle für neueste Forschung und Innovation im Biolandbau. Das FiBL hat immer junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und innovative Forschung unterstützt, was vielen jungen Menschen die Tür zu Bio geöffnet hat. Die enge Beziehung zu den Landwirtinnen und Landwirten und zu verschiedenen Interessengruppen macht das FiBL zu einem einzigartigen Forschungsinstitut, das mit den täglichen Herausforderungen und den Realitäten des Sektors vertraut ist. Mit seinen Daten, die das Potenzial des Biolandbaus zeigen, hat das FiBL dazu beigetragen, dass der Biolandbau heute weltweit anerkannt ist.
Wenn Sie in die Zukunft blicken, was wünschen Sie sich für das FiBL?
Ich glaube, dass die nächsten 50 Jahre äusserst herausfordernd sein werden: Klimawandel, Ernährungsunsicherheit, soziale und wirtschaftliche Krisen. Deshalb brauchen wir konkrete Daten, um zu zeigen, dass Bio das Zeug hat, ein wichtiger Teil des Wandels zu sein, den die Welt dringend braucht. Das FiBL hat zusammen mit der weltweiten Biobewegung die grosse Chance, den Wandel herbeizuführen; die Zeit ist reif und das FiBL spielt eine entscheidende Rolle! Auf viele, viele Jahre gute und ganzheitliche Bioforschung!