Um Potenziale für Biolebensmittel zu identifizieren, wurde die Nationale Verzehrsstudie II nach soziodemographischen Merkmalen, Parametern des Gesundheits- und Ernährungsverhaltens sowie Angaben zum Lebensmittelverzehr ausgewertet.
Die Auswertung erfolgte in zwei Teilprojekten: "Auswertung der Nationalen Verzehrsstudie II: eine integrierte verhaltens- und lebensstilbasierte Analyse des Bio-Konsums" am Max-Rubner-Institut (FKZ 08OE056) und "Auswertung der Daten der Nationalen Verzehrsstudie II: eine integrierte verhaltens- und einstellungsbasierte Analyse des Bio-Konsums (FKZ 08OE069) an der Georg-August-Universität Göttingen.
In der Nationalen Verzehrsstudie II wurden bundesweit etwa 20.000 Personen zwischen 14 und 80 Jahren zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Die Auswertung der Studie ergab, dass knapp die Hälfte der Befragten nach eigenen Angaben Biolebensmittel kauft. Der Anteil ist bei Frauen höher als bei Männern, wobei junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 Jahren das geringste Interesse zeigen. Die Auswertung zeigte, dass es in allen sozialen Schichten Biokäufer gibt, die meisten allerdings den oberen sozialen Schichten angehören. Zudem findet sich bei Biokäufern im Vergleich zu den Nicht-Biokäufern ein höherer Anteil Normalgewichtiger (weniger Übergewichtige/Adipöse), Nichtraucher, sportlich Aktiver, Personen mit guten Ernährungskenntnissen und Personen die ihren Gesundheitszustand als sehr gut oder gut einschätzen.
Für eine umfassende Beurteilung der Lebensmittelauswahl wurde die Ernährung anhand eines Healthy Eating Index (HEI-NVS) bewertet. Der Verzehr der zehn einbezogenen Lebensmittelgruppen wurde mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) verglichen. Die Auswertung zeigt eine insgesamt günstigere Lebensmittelauswahl der Biokäufer gegenüber Nicht-Biokäufern, gekoppelt mit guten Ernährungskenntnissen und einem gesundheitsbewussteren Verhalten.
Ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsvorhabens war die Förderung des zielgruppen-spezifischen Biomarketings auf Basis komplexer Analysen des Biokaufverhaltens. Dabei wurden zwei zentrale Ansätze verfolgt. Zum einen untersuchten die Forschenden Einflussfaktoren auf den Kauf von Bioprodukten, um Unternehmen bei der Einschätzung ihrer Zielgruppen sowie derer Konsummotive und Verhaltensmuster zu unterstützen. Als entscheidende Einflussgrößen für den Biokauf erwiesen sich psychographische Faktoren (wie Umweltbewusstsein und nachhaltigkeitsbezogene Einstellungen) viel stärker als soziodemograpische Faktoren. Als zentrale Treiber des Kaufverhaltens bei Biolebensmitteln wurden altruistische Kaufmotive identifiziert, wie der Verzicht auf den Einsatz von Gentechnik bei Lebensmitteln, Fairtrade und artgerechte Tierhaltung.
Der zweite Ansatz war eine Zielgruppenclusterung als strukturentdeckendes Verfahren, um mit der Ernährungstypologie eine Hilfestellung für das Biomarketing zu liefern. Dafür wurde eine Typologisierung der Verbraucher im Hinblick auf ihr Kauf- und Verzehrsverhalten durchgeführt. Die Typologisierung zeigt sowohl bei den Bio-Käufern als auch bei den Nicht-Biokäufern beider Geschlechter deutliche Zusammenhänge zwischen einer günstigeren Lebensmittelauswahl (obst- oder gemüsebetont) und einer nachhaltigkeitsorientierten Grundhaltung (Betonung von Aspekten wie artgerechte Tierhaltung, keine Gentechnik, Fairtrade). Weiterhin wurde deutlich, dass die besonders nachhaltigkeitsaffinen Gruppen (ca. 40 Prozent der Befragten) ein höheres Gesundheitsbewusstsein haben, häufiger den Nichtrauchern angehören und besser ausgebildet sind als die übrigen Ernährungstypen. Allgemein zeigte sich, dass nachhaltigkeits- und gesundheitsbezogene Kaufkriterien den größten Stellenwert für die weiblichen sowie die männlichen Biokäufer haben, gefolgt von den weiblichen Nicht-Biokäufern und an letzter Stelle den männlichen Nicht-Biokäufern.
Insgesamt leiten die Forschenden daraus ab, dass die Kernzielgruppe in erheblichem Umfang von altruistischen Kaufmotiven geleitet wird. Neben ethischen Argumenten sollte aber auch das Thema Gesundheit stärker in das Marketing integriert werden. Hinsichtlich der Sortimentspolitik weisen sie darauf hin, dass das frischebetonte Sortiment (Obst und Gemüse) die Vorliebe vieler Biokäufer trifft. Gleichzeitig zeigen sich nach Angaben der Forschenden Potenziale für die Marktentwicklung bei Biofleisch, insbesondere mit Blick auf die männlichen Verbraucher. Für ein erfolgversprechendes Marketing können dabei die Besonderheiten der identifizierten Zielgruppen beachtet werden.
Zur Förderung des Absatzes ökologisch erzeugter Lebensmittel können auf Basis der vorliegenden Ergebnisse nach Meinung der Forschenden über verschiedene Wege Neukunden akquiriert und bei bestehenden Kunden die Kaufintensität und Kundenbindung erhöht werden. Die abgeleiteten Handlungsempfehlungen zeigten, dass dort beachtliche Potenziale vorliegen und dass sowohl Politik, Industrie und Handel als auch die Verbraucherberatung hierzu wesentlich beitragen könnten.
Kontakt
Prof. Dr. Ingrid Hoffmann
Max Rubner-Institut
Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel
Institut für Ernährungsverhalten
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Tel. +49 721 6625551
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ingrid.hoffmann(at)mri.bund.de
www.mri.bund.de
Die Schlussberichte der im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) bearbeiteten Forschungsprojekte werden im Online-Archiv Organic Eprints veröffentlicht.
Weitere Informationen
Schlussbericht in Organic Eprints
Projektbeschreibung zu BÖL-Projekt 08OE056 auf der Bundesprogramm-Homepage
Projektbeschreibung zu BÖL-Projekt 08OE069 auf der Bundesprogramm-Homepage