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Forschungsprojekt entwickelt 6-Punkte-Plan zur Verbesserung europäischer Ökokontrollen

CERTCOST-Logo

Das Forschungsprojekt CERTCOST hat das europäische Ökokontrollsystem untersucht und Verbesserungsvorschläge in Bezug auf Effizienz, Transparenz und Wirtschaftlichkeit erarbeitet.

Die italienische Polizei hat kürzlich einen Fälscherring auffliegen lassen, der in großem Stil konventionelle Lebens- und Futtermittel in Bioprodukte umdeklariert haben soll. Unter den Verdächtigen sind angeblich auch Mitarbeiter von Lebensmittelfirmen und Kontrollstellen. Damit bestätigen sich nach Angaben der Universität Hohenheim Ergebnisse eines Forschungsprojekts, in dem das europäische Ökokontrollsystem analysiert und ein 6-Punkte-Plan für notwendige Verbesserungen entwickelt wird.

„Wenn tatsächlich Kontrollstellen an den Fälschungen beteiligt sind, dann bestätigen sich unsere Ergebnisse: Die Überwachung dieser Stellen gehört zu den wichtigsten Bestandteilen des Systems und muss dringend verbessert werden“, sagt Professor Dabbert. Er hat das europäische Forschungsprojekt CERTCOST in Hohenheim koordiniert und formuliert derzeit die Ergebnisse aus. Drei Jahre lang haben Wissenschaftler und Zertifizierungsexperten aus sieben europäischen Ländern das Ökokontrollsystem untersucht und Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet: Ein Katalog von sechs grundsätzlichen Empfehlungen soll nun das Kontrollsystem optimieren, die Information für die Ökoanbieter selbst erleichtern und einheitliche, transparente Kennzeichnung für die Verbraucher schaffen.

Als wichtigsten Punkt heben die Wissenschaftler die einheitliche Überwachung der Ökokontrollstellen hervor, denn bisher würden keine europäischen Standards gelten, was Verstöße und Unregelmäßigkeiten angeht. Ebenso wenig gebe es einen einheitlichen Katalog von Sanktionen oder Definitionen, ab wann ein Verstoß vorliegt. „Zuallererst muss die Überwachung harmonisiert werden. Heute gilt etwas in Deutschland als Verstoß, was in Italien möglicherweise nicht so gewertet wird – und umgekehrt. Diese Unterschiede müssen beseitigt werden“, fordert Dabbert und führt aus: „Es gibt auch noch keinen Bericht, mit dem die Überwachungen der einzelnen Länder tatsächlich verglichen werden könnten.“

Bislang werde bei den Kontrollen auch nicht überall der potentielle Schaden für den Verbraucher stark genug in den Vordergrund gerückt: „Die Kontrollen in Risiko-Betrieben sollten erhöht werden“, so der Professor für Agrarökonomie. Unternehmen, die bereits negativ aufgefallen seien und solche mit hohem Markteinfluss sollten häufiger kontrolliert werden. Dies werde von einigen Kontrollstellen bereits praktiziert – aber eben nicht europaweit. Durch ein risikobasiertes Kontrollsystem ließen sich Ressourcen dort bündeln, wo sie am dringendsten benötigt werden, ohne die Kosten des Systems zu erhöhen.

Derzeit existiert in den europäischen Staaten eine Mischung aus privaten und staatlichen Kontrollen, in jedem Staat ist die Aufteilung unterschiedlich. Das solle auch so beibehalten werden, allerdings fordern die Forscher eine bessere Organisation: „Die Mitgliedsstaaten sollten überprüfen, ob man Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit der Institutionen nicht verbessern kann“, so Professor Dabbert. Dies betreffe auch Deutschland, wo der Föderalismus einen "komplizierten Flickenteppich" von Zuständigkeiten für die Ökokontrolle produziert habe.

Fraglich sei auch, ob den zuständigen Einheiten der EU tatsächlich genug Ressourcen für ihre Aufgaben zur Überwachung der Kontrollen zur Verfügung stünden. Wichtig sei zudem, den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Behörden und Ländern zu verbessern. „Das könnte etwa durch eine Plattform für den Wissensaustausch unter den Behörden geschehen“, meint Dabbert.

Als Weiterführung fordern die Wissenschaftler ein effizientes Wissenssystem: „Die Gemeinschaft braucht ein europäisches Forum, in dem sie sich regelmäßig darüber austauschen kann, wie genau im Detail die Ökokontrollverordnungen umgesetzt wurden. Das sollte von der EU zumindest kofinanziert werden.“ Ebenfalls im vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog der Forscher: „Auch Schulungen für Inspekteure sollten verbessert und vor allem stärker vereinheitlicht werden“, so Professor Dabbert.

Gute Produktqualität setze bei qualifizierten Erzeugern an, meinen die Forscher. So benötigten Ökounternehmer generell bessere Information und Transparenz über die Anforderungen des Kontrollsystems. Dies betreffe insbesondere die neuen Mitgliedsstaaten. „Dazu gehören verbesserte Schulungen in der Sprache der Mitgliedstaaten – zum Beispiel als Web-Tutorials. Aber auch, dass Kontrollstellen ihre Preislisten online zugänglich machen, um die Kosten für eine Zertifizierung leichter ermitteln zu können.“ Die EU sollte ihr Internet-Angebot zum Thema Ökozertifizierung deshalb weiterentwickeln.

Um Vertrauen unter den Verbrauchern zu schaffen sei es wichtig, die bestehenden Logos sinnvoll einzusetzen. In ihrem Projekt führten die Forscher Feldstudien mit Ökosiegeln und Logos durch. Das Resultat: Das deutsche Biosiegel beispielsweise schneide sehr gut ab, auch vergleichbare Logos aus Tschechien und Dänemark fänden Anklang bei Konsumenten. „Das neue EU-Logo dagegen ist kaum bekannt“, meint der Forscher der Universität Hohenheim. „Die erfolgreichen nationalen Logos sollten deshalb solange weiter verwendet werden, bis es gelungen ist für das neue EU-Logo ein vergleichbares Vertrauen herzustellen.“

CERTCOST ist ein Projekt, an dem zehn Institutionen (darunter Universitäten, Forschungseinrichtungen und Kontrollstellen) aus Deutschland, der Tschechischen Republik, Dänemark, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz, Italien und der Türkei beteiligt sind. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission mit 2,7 Mio. Euro gefördert. Ziel ist es, das europäische Ökokontrollsystem unter ökonomischem Blickwinkel zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

Quelle: Pressemitteilung der Universität Hohenheim