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BÖLN: Gemeinsame Regionalvermarktung von ökologischen und konventionellen Produkten

Gemüse im Supermarkt

Ist die Verwendung von Regionalmarken, die sowohl Ökoprodukte also auch regionale Nicht-Bioprodukte umfassen, eine attraktive Marketingstrategie? Oder bedeutet es einen Profilverlust für den Naturkosthandel, wenn an anderer Stelle auch konventionelle Erzeugnisse mit demselben Regionallabel gekennzeichnet werden wie ihre Bioprodukte?

Ist die Verwendung von Regionalmarken, die sowohl Ökoprodukte also auch regionale Nicht-Bioprodukte umfassen, eine attraktive Marketingstrategie? Oder bedeutet es einen Profilverlust für den Naturkosthandel, wenn an anderer Stelle auch konventionelle Erzeugnisse mit demselben Regionallabel gekennzeichnet werden wie ihre Bioprodukte?

Das Projekt "Synergie oder Profilverlust? Potentiale und Probleme einer gemeinsamen Regionalvermarktung ökologischer und konventioneller Produkte" (FKZ 08OE153) des Instituts für ländliche Strukturforschung (IfLS) hat bestehende und potenzielle Synergien zwischen Biomarkt und regionalen Vermarktungsinitiativen untersucht.

Wie die Forscher herausfanden, vermarkten mindestens 150 Regionalinitiativen in Deutschland Bioprodukte. Rund 50 dieser Initiativen umfassen nur ökologische Erzeuger und Unternehmen. Diese vermarkten im Durchschnitt deutlich häufiger an den Naturkosthandel sowie an andere, klassische Akteure des Biomarktes. Rund 100 dieser Initiativen vermarkten Bioprodukte gemeinsam mit konventionellen Produkten, meist unter (so genannten "hybriden") Regionalmarken. Deren Vermarktung erfolgt häufiger über den konventionellen Lebensmittelhandel, der sich damit gerne profiliert. Rund 30 Prozent der hybriden Regionalinitiativen oder ihre direktvermarktenden Erzeuger vermarkten ebenfalls bereits in dem Naturkostfachhandel und Biomarkt, schätzen ihre Potentiale dazu jedoch deutlich geringer ein als die rein ökologischen Initiativen und ihre Erzeuger. Die Forscher sehen dies darin begründet, dass sich in reinen Bioinitiativen professionellere, stärker diversifizierte und spezialisierte Betriebe organisieren, während die Bioerzeuger hybrider Initiativen tendenziell weniger diversifizierte Nebenerwerb- oder Hobbybetriebe sind.

Die Befragungsergebnisse zeigen nach Aussagen der Wissenschaftler, dass die Beweggründe ökologischer Erzeuger für die Beteiligung an Regionalinitiativen unterschiedlich und nicht konsistent sind: Unter den Bioerzeugern finden sich sowohl solche, die eine gemeinsame Regionalvermarktung und hybride Initiativen eher kritisch bis sehr kritisch sehen und sich dennoch beteiligen, als auch solche, die regionale Aktivitäten, Netzwerke und Initiativen begrüßen und sich daran beteiligen, auch um die zusätzlichen Absatzmöglichkeiten zu nutzen.

Während die Mehrzahl der Naturkostgroßhändler kaum mit Regionalinitiativen kooperiert und vor allem gegenüber hybriden Regionalmarken eher skeptisch ist, gibt es einzelne Akteure, die den regionalen Netzwerk-Gedanken als wichtige Zukunftsstrategie für den Naturkosthandel sehen und bereit sind, über die Zusammenarbeit auch mit hybriden Regionalinitiativen nachzudenken. Alle befragten Akteure sind sich einig, dass die Nachfrage der Kombination aus Bioprodukten bzw. Ökolandbau und Regionalität eine deutliche Renaissance erfährt und an Bedeutung zunimmt. Zukünftig werden nach ihrer Einschätzung vor allem regionale Aspekte und andere Zusatznutzen wie Biodiversität und Klimaschutz gefragt sein und „Bio“ zunehmend als Basisstandard erwartet. 

Die größeren Naturkostgroßhändler mit überregionalen Vertriebsgebieten stehen jedoch vor der Frage, wie sie Produkte und Initiativen aus den (Sub-)Regionen ihrer Bezugs- und Absatzgebiete sinnvoll kommunizieren können. Bisher lösen sie dieses Problem vor allem durch die Kommunikation der Produkte mit einer „Herkunft vom Hof“, die jedoch nicht erlaubt die „Story“ und damit das Wesen regionaler Initiativen zu kommunizieren.

Den Biomarktakteuren sind die Prinzipien und Erfolgsfaktoren regionaler Vermarktungsinitiativen nach Einschätzung der Forscher häufig nicht bewusst, ebenso wenig wie z.T. den Regionalinitiativen die Bedürfnisse des Handels. Gegenseitige und gemeinsame Lernprozesse könnten daher noch ungenutzte Synergien bergen. Am Beispiel von Bodan Großhandel für Naturkost GmbH (Bodensee) und Grell Naturkost (Raum Hamburg) wurden mittels Experten-Interviews und Workshops diese Fragen erörtert. Die Ergebnisse machen aus Sicht der Forscher deutlich, dass die vermuteten Unterschiede zwischen Akteuren der Regionalinitiativen und Akteuren des Biomarktes, speziell des  Naturkostgroßhandels, durchaus bestehen. Regionalbewegung und Biomarkt seien "zwei Welten, die unterschiedlichen Logiken und Kulturen folgen".

Das Bewusstsein für die Bedeutung der regionalen Vermarktung sei im Naturkosthandel zwar vorhanden, meinen die Forscher, jedoch das Streben um den Erhalt der Fachhandelstreue verhindere eine Öffnung für Bioprodukte mit hybriden Regionalmarken bisher nahezu vollständig. Als Grundlage der stärkeren Zusammenarbeit von Naturkosthandel, Ökolandbau-Verbänden und Regionalbewegung wurde vom Bundesverband der Regionalbewegung eine „Charta der regionalen Biovermarktung“ vorgeschlagen, um gemeinsam hohe Standards zu sichern. In den Schlussfolgerungen werden u.a. eine regelmäßige Statistik bezüglich regionaler Vermarktungsinitiativen, eine institutionelle Förderung des Bundesverbandes der Regionalbewegung sowie die Auflage eines Bundesprogramms Regionalbewegung mit einem Schwerpunkt zur Regionalvermarktung empfohlen.

Kontakt

Dipl.-Ing. agr. Armin Kullmann
Institut für Ländliche Strukturforschung
Zeppelinallee 31
60325 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 63390738
Fax +49 69 777784
kullmann(at)ifls.de
www.ifls.de