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Weniger ist mehr – Pflugloser Anbau im Biotest

Landwirt und Forschende prüfen das Resultat der reduzierten Bodenbearbeitung

Von links: Landwirt Daniel Böhler, die FiBL Forschenden Paul Mäder, Maike Krauss, Jeremias Niggli, Versuchstechniker Frédéric Perrochet und Berater Hansueli Dierauer prüfen das Resultat der Bodenbearbeitung mit einem Grubber. Über die Jahre haben zahlreiche Landwirt*innen, Forschende und Beratungsleute die reduzierte Bodenbearbeitung studiert und vorangebracht. (Foto: Marion Nitsch)

Maximal zehn Zentimeter tief greift die reduzierte Bodenbearbeitung.

Maximal zehn Zentimeter tief greift die reduzierte Bodenbearbeitung. (Foto: Marion Nitsch)

Die Jahrtausendwende brachte ein Umdenken: den Ackerbau ohne Pflug. Diese reduzierte Bodenbearbeitung schont den Boden – aber auch das Beikraut. Landwirte und das FiBL haben diese Herausforderung angenommen. Sie prüfen und entwickeln die reduzierte Bodenbearbeitung seit 20 Jahren.

Der Pflug hat eine lange Tradition. Doch während die frühen Pflüge von Menschen und Tieren gezogen wurden und nur flach in den Boden eindringen konnten, hat die Industrialisierung schwere Maschinen hervorgebracht, die das Erdreich tief bearbeiten. Das hat Folgen: Pflugsohlenverdichtung, Strukturverarmung, Oberflächenerosion und Humusabbau. Das Umdenken begann in den USA – nach massiver Winderosion. Daraus entstand die Bewegung der Direktsaat, auch No-Till genannt, zu Deutsch "pfluglos". Eine Lösung für alle? Eher nicht, denn die Direktsaat ruft nach Herbiziden zur Beikrautregulierung. Für Biolandwirte ein Tabu. Doch wollten sie die schonendere Bodenbearbeitung in die biologische Bewirtschaftung integrieren. So kamen Anfang des neuen Jahrtausends Schweizer Biolandwirte auf das FiBL zu mit Ideen, wie der Boden mit modernen Maschinen nur noch sehr flach bearbeitet werden kann – auch ohne Herbizide. Das FiBL hat das Thema aufgegriffen und im Herbst 2002 zusammen mit Praktikern und Beraterinnen den Langzeitversuch in Frick angelegt. Da der Fricker Boden mit 40 bis 50 Prozent Ton nicht für die ganze Schweiz repräsentativ ist, hat das FiBL 2010 auf einem Lössboden des Schlatthofs bei Aesch BL noch einen zweiten Langzeitversuch lanciert.

Langzeitversuche liefern begehrte Daten

Inzwischen hat sich ein beträchtliches Proben- und Datenarchiv aufgebaut. Damit bieten die Langzeitversuche dem FiBL eine wertvolle Plattform für Projektpartnerschaften und die Basis für Detailuntersuchungen. So waren die beiden Versuche in mehrere Grossprojekte auf nationaler und europäischer Ebene eingebunden, und bis 2020 entstanden 28 wissenschaftliche Publikationen. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse des Fricker Versuchs wurde Anfang 2020 in der renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift "Scientific Reports" veröffentlicht. Die Investition in Langzeitversuche zahlt sich also aus. Und vieles ist noch zu erwarten, da die Attraktivität solcher Versuche mit zunehmender Laufzeit steigt. Denn es gibt noch viele offene Fragen, etwa zur Bodenphysik, zur Humusqualität und zur Biodiversität. Schon jetzt haben die Langzeitversuche viel Licht in die Auswirkungen reduzierter Bodenbearbeitung im Biolandbau gebracht. So zeigt sich, dass im Schnitt in den Ackerkulturen ein leicht niedrigerer Ertrag im Vergleich zum Pflug zu erwarten ist, im Ackerfutterbau etwa derselbe. Insgesamt variieren die Erträge bei reduzierter Bodenbearbeitung stärker. Je besser das Wetter im Frühjahr und damit die Bodenerwärmung und Stickstoffmineralisierung, desto besser funktioniert die reduzierte Bodenbearbeitung. Ein Problem, das noch gelöst werden muss, sind jedoch die Beikräuter, die zunehmen, besonders auch Wurzelunkräuter.

Boden und Klima profitieren vom Pflugverzicht

Sehr vom Pflugverzicht profitiert das Bodenleben. Es gibt mehr Regenwürmer und Mikroorganismen wie etwa Mykorrhizapilze (Wurzelsymbiosepilze). Ein grosses Plus ist zudem die Anreicherung von Humus im Oberboden. Humus ist auch ein wichtiger Kitt für die Bodenstruktur und hilft bei der Erosionsbekämpfung. Je tonreicher der Boden, desto höher ist das Potenzial, Humus zu speichern. Im Vergleich zum Pflug punktet die reduzierte Bodenbearbeitung im Bodenschutz und zum Teil auch im Klimaschutz: In tonigem Boden wurden 700 Kilogramm Kohlenstoff pro Hektare und Jahr zusätzlich gespeichert.

Mit Landwirt*innen neue Techniken erprobt

Die reduzierte Bearbeitung wurde nicht nur in den Langzeitversuchen, sondern auch auf 15 landwirtschaftlichen Betrieben verglichen. In zahlreichen Praxisversuchen wurden neue Maschinen getestet und Verfahren wie der Umbruch einer Kunstwiese (Kleegraswiese) ohne Pflug, Direktsaat ganz ohne Bearbeitung sowie verschiedene Gründünger erprobt. Die Bäuerinnen und Bauern im Netzwerk haben über Erfahrungsaustausch, Flurgänge und die vom FiBL organisierten Maschinenvorführungen voneinander gelernt und sich ständig verbessert. Die Erfahrungen sind in Filmen und Merkblättern für die Praxis aufbereitet worden. Das Fazit der bisherigen Praxisversuche: Im Biolandbau ist ein konsequenter Verzicht auf den Pflug leichter möglich auf Betrieben mit einfacheren Fruchtfolgen und guten Bodenbedingungen als auf Betrieben mit spezielleren Ackerkulturen und schweren oder steinigen Böden. Betriebe in trockenen Gebieten profitieren stärker von einem pfluglosen Anbau. Um erfolgreich zu sein, braucht es in der Regel Investitionen in einen Flachgrubber, eine Fräse oder einen Schälpflug sowie eine Anpassung der Fruchtfolge. Wurzelunkräuter müssen immer gut im Auge behalten werden.

Förderung mit Direktzahlungen erreicht

Auch ein politischer Erfolg ist zu verzeichnen: Zusammen mit der No-Till-Bewegung hat sich das FiBL im Rahmen der Revision der Direktzahlungsverordnung von 2014 beim Bund für ein spezielles Modul "schonende Bodenbearbeitung" eingesetzt. Dieses ist bis heute gültig, und Biobetriebe profitieren dadurch von Direktzahlungen für reduzierte Bodenbearbeitung bis maximal zehn Zentimeter und vom Zusatzbeitrag für den Verzicht auf Herbizide. Dank diesem finanziellen Zustupf, dank Vorzeigebetrieben und Neuentwicklungen von Maschinen hat sich die reduzierte Bodenbearbeitung im Biolandbau auf rund 25 Prozent verbreitet – ein schöner Erfolg.

Fazit aus den Versuchen zur reduzierten Bodenbearbeitung

Die reduzierte Bodenbearbeitung

  • verbessert das Bodenleben und den Humusaufbau im Vergleich zum Pflug
  • hat Potenzial für den Klimaschutz
  • erzeugt im Durchschnitt leicht tiefere Erträge und erhöht den Unkrautdruck im Vergleich zum Pflügen
  • erfordert Investitionen in neue Maschinen und eine Anpassung der Fruchtfolge
  • ist im Biolandbau für Betriebe mit einfacheren Fruchtfolgen und guten Bodenbedingungen sowie in eher trockenen Gebieten gut umzusetzen

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Maike Krauss

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