Seit Menschengedenken werden Arzneipflanzen und deren einfache Extrakte (in der Regel komplexe Vielstoffgemische) zur Behandlung von Krankheiten bei Mensch und Tier eingesetzt. Noch bis vor rund 50 Jahren war die Phytotherapie ein Schwerpunkt der tierärztlichen Ausbildung. Pflanzliche Arzneimittel hatten einen wichtigen Platz in der tierärztlichen Hausapotheke. Aktuell gibt es in der Schweiz jedoch nur noch drei zugelassene rein pflanzliche Tierarzneimittel, zwei davon für Nutztiere.
Dennoch sind Arznei- und andere sekundärstoffreiche Pflanzen nicht gänzlich aus der Anwendung beim Tier verschwunden. Einerseits bilden sich eine zunehmende Zahl an Tierärztinnen und Tierärzten in der Veterinärphytotherapie weiter. Andererseits hat der Einsatz pflanzlicher Hausmittel insbesondere durch Landwirtinnen und Landwirte eine ungebrochene Tradition auch in der Schweiz. Diese wird aktuell in einer Reihe von Projekten wissenschaftlich dokumentiert. Auch die historische Literatur zu Tierhaltung, Tierzucht und Tiermedizin bietet interessante Ansatzpunkte. Aktuelle pharmazeutische und klinisch humanmedizinische Forschungsergebnisse bestätigen nicht selten die Sinnhaftigkeit dieser traditionellen Anwendungen. Das breite Spektrum pflanzlicher Sekundärstoffe und ihre pflanzenspezifischen Kombinationen bergen ein grosses und aktuell weitestgehend ungenutztes Potential zur Behandlung von erkrankten Einzeltieren aber auch zur Verbesserung der allgemeinen Tiergesundheit und nicht zuletzt zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Mit verschiedenen Forschungsprojekten arbeiten wir daran, dieses Potential zu (re)aktivieren.