Weltweit verschwinden pro Tag rund 100 Arten von der Erde. Allein in der Schweiz sind in den letzten 150 Jahren 224 Tier- und Pflanzenarten ausgestorben oder verschollen. Für welche Arten Handlungsbedarf besteht, zeigen die Roten Listen. Sie sind ein wichtiges Instrument für den Arten- und Biotopschutz.
Im Rahmen der Vorstudie "Rote Liste Kurzflügelkäfer der Schweiz" wird das vorhandene Käfermaterial aus verschiedenen Projekten bearbeitet und zentral in einer Datenbank abgelegt. Die Vorstudie soll den Wissensstand über die Kurzflügelkäferfauna der Schweiz verbessern.
Die Kurzflügelkäfer sind weltweit mit über 56‘768 bekannten Arten und Unterarten vertreten (Assing und Schülke, 2012). In der Schweiz konnten bisher 1‘297 Kurzflügelkäferarten (ohne Unterfamilie Pselaphinae) aufgenommen werden (Luka et al., 2009b). Staphylinidae sind weltweit von Nordgrönland über die Tropen bis zu den subantarktischen Inseln (nicht Antarktis) und in nahezu allen Lebensraumtypen zu finden.
Das Ernährungsspektrum ist sehr weit (Thayer 2005). Die meisten Kurzflügelkäfer leben räuberisch (carnivor), einzelne auch als Spezialisten, z.B. als Parasitoide von Fliegen-Puppen (Vertreter der Gattung Aleochara). Viele Arten sind nidicol und besiedeln Nester von Vögeln und Säugetieren. Zahlreiche Arten leben vergesellschaftet mit Ameisen (myrmekophil) oder Termiten (termitophil), selten bei Wespen. Viele Arten sind auch Pilzfresser oder leben saprophag, einige auch phytophag. Aufgrund der räuberischen Lebensweise spielen Kurzflügelkäfer zusammen mit Laufkäfern und Spinnen eine wichtige Rolle als Gegenspieler von land- und forstwirtschaftlichen Schädlingen (Zimmermann & Büchs 1999).
Wegen sensibler Reaktion von vielen Kurzflügelkäfer-Arten auf Umweltveränderungen, die z.T. spezifischer oder ergänzend zu den oft als Bioindikatoren genutzten Laufkäfern und Spinnen sind, eignen sich die Kurzflügelkäfer gut als Zeigerorganismen (Bohac 1999, Luka 2004), werden jedoch wegen taxonomischer Schwierigkeiten selten bearbeitet.
Für die Kurzflügelkäfer der Schweiz sind kaum verwertbare ökologische Angaben vorhanden und die vorliegenden guten Quellen für Europa, drei ältere Werke von Horion (1963, 1965 und 1967) sowie eine neuere Arbeit von Assing und Schülke (2012), basieren aber vor allem auf Beobachtungen und wenig auf standardisiert erhobenen Daten.
Um den Wissensstand über die Ökologie der wenig erforschten Kurzflügelkäferfauna der Schweiz zu verbessern, wird seit 1996 bereits vorhandenes, mit standartysierten Methoden erhobenes Kurzflügelkäfermaterial bearbeitet (Luka 2004). Von 2006 bis 2008 wurde das Kurzflügelkäfermaterial aus verschiedenen Projekten bearbeitet; 2009 wurde auf den Ergebnissen basierend, die erste Checkliste der Kurzflügelkäfer der Schweiz veröffentlicht (Luka et al., 2009b, Henryk Luka
Eine seltene Kurzflügelkäferart Lomechusa emarginata (Paykull, 1789)
Europa, besonders in Mitteleuropa und im angrenzenden Nord- und Südeuropa. Eine Myrmekophile Art, die als Gast (Symphile) in den Nestern der Ameise Formica fusca (Grauschwarze Sklavenameise) ihre Entwicklung durchmacht. Die frisch geschlüpften Käfer verlassen im Herbst (meist September) das Formica-Nest, halten sich einige Tage ausserhalb des Nestes auf (Quarantäne), um den Formica- Nestgeruch zu verlieren und die Erhärtung ihres Chitinkleides abzuwarten und bleiben dann den Herbst und Winter hindurch in den Nestern anderer Ameisenarten wie Myrmica rubra (Rote Gartenameise, Variationen laevinodis und ruginodis). Im Frühjahr (April-Mai) kehren sie zu Formica fusca zurück und lassen dort ihre Larven aufziehen. Manchmal ist L. emarginata (früher Atemeles emarginatus) auch in den Nestern von Formica sanguinea (Blutrote Raubameise) oder Polyergus rufescens (Amazonenameise) angetroffen worden, aber nur dann, wenn Formica fusca als deren Sklaven vorhanden waren. Manchmal wurden sie auch bei Lasius-Arten (L. flavus, L. alienus) gefunden. Besonders in den Formica rufa- und Myrmica-Nestern, die an Waldrändern oder auf offenen Lichtungen angelegt sind. Vielfach werden einzelne Individuen unter Steinen, aus Laub- und Moos-Gesieben ohne Ameisen gesammelt, oder schwärmende und angeflogene Individuen gefangen. Die Art kommt im Mitteleuropa März bis Juni und dann vereinzelt von August bis Oktober vor. In der Schweiz wurden bisher 5 Individuen im extensiven Grünland und Pioniervegetation nachgewiesen.