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Nach dem Nein an der Urne: FiBL Anlass zeigt Wege in die Zukunft der Biodiversitätsförderung

Un champ avec de nombreuses fleurs différentes à côté d'une culture.

Une offre abondante de fleurs favorise une faune auxiliaire diversifiée et donc la régulation naturelle des ravageurs. (Photo: FiBL, Lukas Pfiffner)

Tagpfauenauge auf Malve.

Tagpfauenauge auf Malve. (Foto: Lukas Pfiffner, FiBL)

Acht Menschen stehen vor Naturhintergrund.

Pascal Nägele, Sabrina Schlegel, Rebekka Frick, Laura Spring, Daniela Pauli, Lukas Pfiffner, Katja Jacot, Bernadette Oehen (v.l.n.r.). (Foto: FiBL, Franziska Hämmerli)

Mit klarem Mehr hat das Schweizer Stimmvolk am Wochenende die Biodiversitäts-Initiative abgelehnt. Das Volksnein sollte aber nicht als Ablehnung der Biodiversitätsförderung interpretiert werden. Im Gegenteil: Diese bleibt nötiger denn je, das sehen auch viele Gegner*innen der Initiative so. An einem Medienanlass des FiBL haben Expert*innen aus Forschung, Politik und Praxis aufgezeigt, wie die Förderung der Artenvielfalt künftig besser auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft und der übrigen Gesellschaft abgestimmt werden kann.

(Frick, 24.09.2024) Am Sonntag haben die Schweizer Stimmbürger*innen die Biodiversitäts-Initiative mit klarem Mehr abgelehnt. Die 63 Prozent Neinstimmen dürfen aber nicht als Ablehnung der Biodiversitätsförderung betrachtet werden. Dies war die einhellige Meinung nach dem Urnengang, sowohl bei der Gegnerschaft wie auch bei den Befürworter*innen.

"Das Nein zur Initiative ist kein Nein zur Biodiversität", sagen die Gegner*innen

"Das Nein zur Initiative ist kein Nein zur Biodiversität", erklärte etwa der Schweizer Bauernverband im Nachgang zur Abstimmung. "Biodiversität bleibt selbstredend auch nach dem Aus für die Volksinitiative ein unabdingbarer Eckpfeiler der Schweizer Landwirtschaft", doppelt die Agrarallianz nach.

Diese Stimmungslage hat sich bereits vor dem 22. September abgezeichnet. Das FiBL hat daher im Nachgang zur Abstimmung einen Medienanlass organisiert, um Fakten zu ordnen und aufzuzeigen, was notwendig ist, um die akute Biodiversitätskrise zu kontern. Referent*innen aus Forschung, Politik und Praxis haben aufgezeigt, wo es Mankos gibt und wo aus ihrer Sicht Massnahmen ergriffen werden müssen.

Die Schweiz hat Aufholbedarf, die funktionelle Biodiversität kann helfen

Lukas Pfiffner vom FiBL bezeichnete die Situation bezüglich Biodiversität als "besorgniserregend". 50 Prozent der Lebensraumtypen und 60 Prozent der über 1100 in der Schweiz lebenden Insektenarten seien gefährdet. Im internationalen Vergleich sehe die Biodiversitätskrise noch gravierender aus. Die Schweiz habe in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD einer der höchsten Anteile an bedrohten Arten. Zudem gehöre sie punkto Schutzgebiets-Flächen zu den Schlusslichtern Europas. "Die Förderung der funktionellen Biodiversität ist ein Schlüsselfaktor für eine Transformation zu ressourcenschonender Bewirtschaftung und robusten Anbausystemen", so Pfiffner.

Viele Arten sind auf landwirtschaftlich genutzte Flächen angewiesen

"Die Landwirtschaft in der Schweiz trägt eine grosse Verantwortung für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität", sagte Katja Jacot, Projektleiterin in der Forschungsgruppe Agrarlandschaft und Biodiversität von Agroscope. Viele Arten seien auf landwirtschaftlich genutzte Lebensräume angewiesen, so die Forscherin. Mittels vorhandener Massnahmen zur Förderung der Biodiversität lassen sich die Umweltziele der Landwirtschaft aber bisher nur teilweise erreichen. Die Forschungsgruppe arbeitet mit folgenden Schwerpunkten an der weiteren Verbesserung der Situation: Monitoring der Biodiversität im Agrarraum zur Verbesserung der Biodiversitätsförderung, Entwicklung von Anbausystemen, die sowohl Produktivität als auch Biodiversitätsschutz fördern, sowie Förderung von Bestäuberinsekten und natürlichen Feinden von Schadinsekten.

Schutz und Nutzung auf dem engen Raum möglichst klug kombinieren

"Für eine Trendwende gilt es, noch vorhandene wertvolle Lebensräume zu erhalten, wo nötig aufzuwerten oder wiederherzustellen sowie die Treiber anzugehen, die für den Verlust der Biodiversität verantwortlich sind", sagte Daniela Pauli von BirdLife Schweiz. Da der Platz in der Schweiz knapp ist, sind für Pauli Schutz und Nutzung wo sinnvoll und möglichst klug zu kombinieren. Damit sei die Erhaltung der Biodiversität nicht nur eine Aufgabe des Naturschutzes – "es sind deutlich grössere Anstrengungen in allen Sektoren und Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft nötig als bisher".

Mit dem Projekt ZiBiF zur zielorientierten Biodiversitätsförderung

Rebekka Frick vom FiBL stellte das Projekt Zielorientierte Biodiversitätsförderung (ZiBiF) vor. Diese Art der Biodiversitätsförderung zeichnet sich dadurch aus, dass nicht das Umsetzen bestimmter Massnahmen als Grundlage für das Bezahlen von Direktzahlungen dient, sondern dass die tatsächlich vorhandene Qualität auf den Flächen entgolten wird. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung hat das Forschungsteam untersucht, was Landwirt*innen motiviert, mitzumachen. "Zwei motivierende Aspekte sind dabei bisher besonders hervorgehoben worden: Flexibilität und Autonomie", sagte Frick.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe und gegenseitige Wertschätzung

Die Praxis vertrat am Anlass die Milchproduzentin und Agronomin Sabrina Schlegel. Sie präsentierte eine Reihe von Vorschlägen für eine pragmatische Biodiversitätsförderung. Sie plädierte unter anderem für einen Wechsel zur zielorientierten Förderung und forderte mehr Rechtssicherheit. Ausdrücklich rühmte sie das Aargauer Projekt Labiola: "In Zusammenarbeit und auf Augenhöhe zwischen Betrieb und Berater*in wurden viele Flächen aufgewertet und vernetzt." Alle Beteiligten seien äusserst zufrieden mit den Ergebnissen. Schlegels Fazit: "Nur mit gegenseitiger Wertschätzung und Zusammenarbeit kommen wir ans Ziel."

Viele Biobetriebe sehen mehr Sinn im Austausch untereinander

"Biobetriebe leisten bereits viel für die Biodiversität", sagte zum Abschluss der Veranstaltung die neue Co-Verantwortliche für Politik bei Bio Suisse, Laura Spring. Das heisse aber nicht, dass da keine Entwicklung möglich ist. Jedoch sähen viele Biobetriebe mehr Sinn im Austausch von Landwirt*in zu Landwirt*in – zum Beispiel in Arbeitskreisen oder ProBio-Fachanlässen –, als in starren Vorgaben, die manchmal in der Praxis schwierig sind in der Umsetzung, sagte Spring. Sie plädierte, ähnlich wie Rebekka Frick unter anderem für Biodiversitäts-Massnahmen, die so ausgestaltet sind, "dass Betriebe diese selbstbestimmt und auf den Standort angepasst auswählen können".

Weitere Informationen

FiBL Kontakte

Dokumente vom Medienanlass

FiBL Informationen zum Thema Biodiversität

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