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Die Jubiläumskarawane besuchte Praxisbetriebe per Pedal

Gruppenbild mit etwa 20 Personen, einige mit Fahrrädern.

Nach der Hofführung auf dem Lehenhof in Rothrist im Kanton Aargau. In der Mitte sind das Betriebsleiterpaar Hans und Sandra Braun zu sehen. (Fotos: FiBL)

Gruppe mit sieben Fahrradfahrer*innen.

Die erste Hälfte der Tour führte bei Hitze durch die Westschweiz.

Gruppe mit 12 Personen, die hinter einem Tisch stehen.

Einige Pioniere der Schweizer Bioszene schlossen sich in Freiburg der Karawane an, um die Produzenten-Genossenschaft Bio26 zu besuchen, die in der Stadt einen Laden betreibt.

Mehrere Personen vor einem Gemüsefeld.

In Marcelin im Kanton Waadt besuchte die Karawane das Agroforst-Projekt BioDiVerger.

Gruppe mit etwa 20 Personen auf einem Feld.

Auf seinem Gemüsebaubetrieb in Mont-Vully im Kanton Freiburg führt Mickael Schick (r.) über seine Anbauflächen.

Mann vor einem Scheunentor, der auf eine FiBL Plakette zeigt.

Auf der Domaine de Châteauneuf im Kanton Wallis erläuterte Jean-Jacques Zufferey, wie sie mit der Eringerrasse arbeiten.

Frau, die ein Essensbuffett anrichtet.

Unterwegs war gut für das leibliche Wohl gesorgt. Hier von Marlyse Messer vom Bio-Wäberhof in Ins im Kanton Bern.

Mann vor einem Bauwagen mit Schild "Hofladen".

Urs Marti zeigt die innovativen Produkte vom Biohof Hübeli in Kallnach im Kanton Bern.

Zwei Männer mit einer FiBL Plakette in der Hand.

Peter (l.) und Christian Rytz von der Mühle Rytz in Flamatt im Kanton Freiburg mit der neuen FiBL-Praxisbetrieb-Plakette.

Mehrere Radfahrer*innen, die hintereinander fahren.

Auf dem Schlossgut Wildegg im Kanton Aargau wurden die Radler*innen von Betriebsleiter Alois Huber für eine Hofführung erwartet.

Mehrere Menschen auf einer Bühne, davor ein Fahrrad.

Die Karawane besuchte auch die Aargauische Landwirtschaftliche Ausstellung ALA in Lenzburg. Auf der Bühne stellten Ralf Bucher (r.), FiBL-Stiftungsrat und Geschäftsführer des Bauernverbands Aargau, Direktionsmitglied Jürn Sanders (l.) und weitere das FiBL vor.

300 geradelte Kilometer, der Besuch von 20 Biohöfen, Bioverarbeitungsbetrieben und Anlässen in acht Kantonen und Tageshöchsttemperaturen von 15 bis 38 Grad – das war die FiBL Karawane. Per Velo sammelten die Teilnehmenden unzählige interessante Eindrücke aus der Biowelt von Genf bis in den Aargau und feierten so das 50-Jahr-Jubiläum des Instituts gemeinsam mit Partnern. Einer der besuchten FiBL Praxisbetriebe war der Lehenhof der Familie Braun.

Der Austausch mit Landwirtinnen und Landwirten ist die Basis für die Arbeit des FiBL Schweiz. Zu Beginn vor 50 Jahren ebenso wie heute. Zum FiBL Versuchsnetzwerk in der Schweiz gehören inzwischen rund 600 Praxisbetriebe, die in ihren Ställen oder auf ihren Feldern neue Sorten, Technologien und Verfahren testen. Zwanzig Praxisbetriebe haben für die FiBL Karawane ihre Hof- und Stalltüren geöffnet und Einblicke in ihre Arbeit und die Zusammenarbeit mit dem FiBL gewährt. Einer davon ist der Lehenhof der Familie Braun, die schon in vielen Projekten mit dem FiBL zusammengearbeitet hat.

Beim Schöpfer einer Kuhrasse

Es war kühl und regnerisch, dennoch kam die FiBL Karawane gut gelaunt am Dienstagabend des 29. Augusts in Rothrist an. Nach rund vierzig Tageskilometern unter den Pedalen durfte das Team seine Velos auf dem Lehenhof von Sandra und Hans Braun parkieren. Betriebsleiter Hans Braun und FiBL Forscherin Anet Spengler stellten der Gruppe den Betrieb und seine Forschungsprojekte vor. Was viele am meisten beeindruckte: Hans Braun ist der Schöpfer der Rasse Swiss Fleckvieh. Die Zündung dazu war die Umstellung auf kraftfutterfreie Raufutterfütterung. Sie bewirkte, dass die Fett- und Eiweissgehalte in der Milch dramatisch sanken. Ausserdem waren die Kühe nach zwei bis drei Jahren schon "weg vom Fenster", wie Hans Braun feststellen musste. In der Folge begann er seine Tiere züchterisch zu verändern und kreuzte seine Kühe der Rasse Red Holstein mit Simmentalern. Die daraus entstandenen milchbetonten Zweinutzungtiere waren so gut, dass Hans Braun 2000 gemeinsam mit anderen Züchterkollegen die Interessengemeinschaft Swiss-Fleckvieh gründete. Diese Rasse kann effizient Gras in Milch und Fleisch verwandeln.

Weniger Milch, aber mehr Geld

Mit der züchterischen Neuausrichtung sank der Stalldurchschnitt von Hans Braun auf etwa 5000 Liter Milch pro Kuh und Jahr. Als er den Betrieb 1995 übernommen hatte, waren es noch 8500 Liter. Wirtschaftlich war das aber nicht, betont Hans Braun: "Als wir den Betrieb 1995 übernommen und auf Bio umgestellt haben, merkte ich, dass die Hochleistungsstrategie bei den Milchkühen so nicht mehr weitergehen konnte. Wir schufteten für zehn Franken Stundenlohn." Mit den Swiss-Fleckvieh-Kühen und seit 2011 einem Vollweidebetrieb komplett ohne Kraftfutter, liegt der Stundenlohn heute bei über dreissig Franken. Nicht nur Maschinenkosten für Mähen und Futteraufbereiten sind enorm gesunken, auch die Tierarztkosten: 2005 musste das letzte Mal ein Euter mit Antibiotika behandelt werden. Das liegt auch daran, dass die Euter zweimal täglich abgetastet werden, um allenfalls frühzeitig einer Euterentzündung mit homöopathischen Mitteln vorzubeugen.

Wissenschaftlicher Exaktversuch auf dem Praxisbetrieb

Hans und Sandra Braun waren schon oft Forschungspartner bei FiBL Projekten – mit tiefgreifenden Folgen für den Hof. So zum Beispiel beim Exaktversuch im Rahmen des Projektes ProYoungStock. Die ganze Familie Braun half mit, einen streng wissenschaftlichen Exaktversuch direkt auf dem Betrieb durchzuführen. Dazu wurden die Kälber in zwei Gruppen geteilt, die eine mit Milch aus dem Kessel, die andere direkt an der Mutter gesäugt. Die Forschenden und die Familie sammelten währenddessen alle relevanten Daten, die im Hinblick auf Gesundheit, Leistung und Verhalten wissenschaftlich ausgewertet wurden. Dabei zeigte sich unter anderem, dass die Kälber, die an der Mutter saugten, viel seltener die Verhaltensstörung des gegenseitigen Besaugens an den Tag legten als die am Eimer getränkten. Nach dem Versuch war für die Familie Braun klar, sie stellen auf muttergebundene Kälberaufzucht um. Wie das auf ihrem Betrieb genau funktioniert und welche ganz persönlichen Tipps Hans und Sandra Braun – und auch andere Betriebe – dazu liefern können, ist im vor kurzem neu aufgelegten FiBL Merkblatt "Mutter- und ammengebundene Kälberaufzucht in der Milchviehhaltung" beschrieben (Link siehe unten).

Mit Hightech den Wiederkäuern auf der Spur

Ein weiterer FiBL Versuch, bei dem der Lehenhof als Forschungsbetrieb diente, war das Rumiwatch-Projekt. Fast jede Kuh der rund 60-köpfigen Herde bekam ein Halfter, das mit einem Sensor bestückt war. Dabei sollte herausgefunden werden, wie die Kühe ihr Verhalten an unterschiedliche Qualitäten ihres Futters anpassen, das immer zu 100 Prozent aus Raufutter bestand. Auch der Zusammenhang zwischen Fressverhalten sowie Gesundheit und der Effizienz der Tiere wurde geprüft. Das Resultat: Praktisch alle Kühe konnten ihr Wiederkäuverhalten ganz unterschiedlichem Futter sehr gut anpassen, ohne dass sich die Milchleistung gross veränderte. Doch etwas fiel auf: Die Milchleistung der Swiss Fleckviehkühe mit hohem Holsteinanteil schwankte am wenigsten. Eine weitere Erkenntnis der Beobachtungen war: Kühe können jäten. Beim Weiden zupften sie unerwünschtes Straussgras aus und liessen es auf der Seite ihres Mauls wieder herausfallen. 

Stiere, die perfekt auf Biobetriebe angepasst sind

Der Stier Caro ist ein besonders praxisrelevantes Resultat aus der Zusammenarbeit von Hans Braun mit dem FiBL und Bio Suisse, dem Dachverband der Schweizer Biobäuerinnen und -bauern. Er ist ein Stier, der nach strengen Kriterien spezifisch für die Biomilchproduktion selektiert wurde. Caro vererbt sicher eine besonders gute Raufutterverwertung, Langlebigkeit, eine mittlere Milchleistung und eine hervorragende Eutergesundheit. Dank dem Projekt namens Bio-KB-Stiere sind Caros Samendosen, wie auch die Samendosen von derzeit rund einem Dutzend weiteren Stieren aus dem Projekt, bei Swissgenetics für alle interessierten Milchviehhalter*innen erwerbbar. Dies leistet einen wichtigen Beitrag dafür, dass auf Biobetrieben Rinder grossgezogen werden, die den Anforderungen des Biolandbaus entsprechen: gesunde und robuste Tiere, die mit sehr wenig Kraftfutter auskommen.

Paradebeispiel des FiBL Versuchsnetzwerks

Die über 15-jährige Zusammenarbeit zwischen dem Lehenhof und dem FiBL zeigt exemplarisch, welchen gegenseitigen Nutzen die Forschung auf den Praxisbetrieben bringt – für den einzelnen Betrieb wie auch für die Weiterentwicklung des gesamten Biolandbaus. Der Lehenhof ist einer von 600 Praxisbetrieben, die in der Schweiz über das Versuchsnetzwerk mit dem FiBL in Kontakt stehen. Davon öffneten zwanzig Betriebe ihre Türen zum 50-jährigen Jubiläum des FiBL. Sie liessen die Teilnehmenden der Karawane mit inspirierenden Eindrücke den Weg nach Hause unter die Pedalen nehmen.

Text: Franziska Hämmerli, FiBL

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