In der Verordnung über Belastungen des Bodens (VBBo 1998) werden gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zusammen mit pathogenen und exotischen Organismen als „biologische Bodenbelastung“ zusammengefasst. Der Umgang mit diesen Organismen wird durch die Freisetzungsverordnung und das Gentechnikgesetz geregelt. Prinzipiell gilt für alle freigesetzten lebenden Organismen, dass sie sich vermehren, verbreiten und evolutiv verändern können, so dass sich zusätzliche Anforderungen an die Bewilligung einer Freisetzung von Organismen ergeben, unabhängig davon, ob sie gentechnisch verändert sind oder nicht. Das vorliegende Projekt der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) hatte zum Ziel, einen Beitrag zur Risikobeurteilung biologischer Bodenbelastungen auf das Ökosystem Boden zu erarbeiten. Es gliederte sich in vier Module. Modul 1 beinhaltet die theoretischen Grundlagen des Forschungsprojektes. Modul 2 und Modul 3 befassten sich mit der praktischen Anwendung dieser Grundlagen am Beispiel eines Modellversuches mit dem Organismus Pseudomonas fluorescens Stamm CHA0 und einem Feldversuch mit dem Präparat „Effektive Mikroorganismen“ (EM). Modul 4 stellt die Synthese der Ergebnisse aus den Modulen 1 bis 3 dar.
Modellversuch mit dem Organismus Pseudomonas fluorescens Stamm CHA0 (FiBL) Pseudomonas fluorescens wird in der Landwirtschaft mit dem Ziel eingesetzt, das Pflanzenwachstum zu fördern und die Pflanzen vor bodenbürtigen Krankheiten zu schützen. Diesen erwünschten Wirkungen stehen mögliche Effekte auf Nichtzielorganismen gegenüber, die vor einer Massenfreilassung derartiger Organismen überprüft werden müssen. Die erwünschten und unerwünschten Wirkungen eines freigelassenen Organismus hängen davon ab, wo dieser angewendet wird. Theoretische ökologische Konzepte gehen davon aus, dass Gemeinschaften mit einer hohen Diversität weniger anfällig für Veränderungen durch einwandernde Arten sind. Ausgehend von dieser Theorie wurde ein Modellversuch im Gewächshaus mit Ackerböden von Lössstandorten durchgeführt, deren mikrobielle Biomasse und Aktivität sich durch die Bodenbewirtschaftung unterschiedlich entwickelt haben. Zum Saatzeitpunkt von Sommerweizen in Töpfe wurde P. fluorescens Stamm CHA0 mit einer natürlich vorkommenden Resistenz gegenüber Rifampicin (rif+) inokuliert, dessen Etablierung in den Versuchsböden untersucht wurde. Der eingesetzte P. fluorescens Stamm CHA0 wird in der Schweiz nicht kommerziell genutzt, weist aber ähnliche Eigenschaften auf wie P. fluorescens im zugelassenen Präparat «Biofitac PF1». Seine krankheitsunterdrückenden Eigenschaften beruhen unter anderen auf der Produktion der antimikrobiell wirksamen Substanz 2,4-Diacetylphloroglucinol.
Die mikrobielle Biomasse (Cmic, Nmic), die Basalatmung, der metabolische Quotient qCO2, die Dehydrogenaseaktivität (DHA), bakterielle Keimzahlen, die Mykorrhiza-Wurzelkolonisierung und das bakterielle Substratnutzungsmuster wurden am 18. Und 60. Tag nach Aussaat und Anwendung von P. fluorescens Stamm CHA0 untersucht. Zu Versuchsbeginn zeigten die bodenbiologischen Parameter grosse Unterschiede, die von den verwendeten Böden herrührten. Im Verlauf des Experiments waren durch die wachsenden Pflanzen und ihre Wurzeln hervorgerufene Veränderungen der bodenbiologischen Parameter messbar. Der Effekt des Inokulums war hingegen klein und bei den meisten Parametern nur vorübergehend. Im Boden mit der geringsten mikrobiellen Biomasse zu Beginn des Versuches war jedoch eine über 60 Tage anhaltende Veränderung messbar. Die bakteriellen Substratnutzungsmuster, welche Veränderungen in der mikrobiellen Gemeinschaft anzeigen, veränderten sich in erster Linie als Folge des Pflanzenwachstums, während die unterschiedlichen Böden und der Beprobungszeitpunkt vernachlässigbar waren. Die Sensitivität der verwendeten Methoden nahm in Abhängigkeit von den Versuchsböden in der Reihenfolge Nmic, DHA, Cmic und qCO2 ab. Neben der selektiven Keimzahlbestimmung von P. fluorescens Stamm CHA0, der nur in behandelten Böden gefunden wurde, waren die Methoden DHA, Cmic und das Cmic/Nmic-Verhältnis zur Ermittlung des Inokulumeffekts geeignet. Der zeitliche oder durch die wachsende Pflanze hervorgerufene Effekt wurde am sensitivsten durch Nmic, DHA, Cmic und qCO2 angezeigt. Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass eine reichhaltige Mikroflora Einflüsse einwandernder Spezies nach einer Massenfreilassung abpuffern kann. Mit anderen Worten: das bakterielle Inokulum war in relativ armen Böden effektiver als in Böden, die belebter waren.